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Finanzierung aus zwei Töpfen

Von Ernest G. Pichlbauer

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Dr. Ernest G. Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheitsökonom und Publizist.

Die Ärztekammer präsentiert - wieder einmal - ein totgeglaubtes und unlogisches Konzept der getrennten Finanzierung des Gesundheitssystems.


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Es war kalt, als vor zwei Jahren im Linzer Industrieviertel dunkle, chauffierte Limousinen eintrafen. Auf den ersten Blick hätte man gemeint, Hochfinanz und Industrie treffen sich zu einem rein privaten Treffen.

Realiter trafen sich aber Größen des öffentlich finanzierten Gesundheitssystems. Da kamen der Minister und Kammerpräsidenten, Kassenobleute und Geschäftsführer landeseigener Krankenhausbetreiber und viele andere zum ersten gesundheitspolitischen Gespräch - initiiert vom oberösterreichischen Ärztekammerpräsidenten Peter Niedermoser, der sich als Speerspitze der Berufsvertretung etabliert sehen will.

Weil man heimischen Experten nicht traut, wurde ein deutscher Professor eingeladen, darüber zu referieren, ob ein Sozialversicherungssystem oder ein staatliches besser ist. Ein spannender Vortrag, der damit endete, dass es für beide Positionen Pros und Kontras gibt, aber das Wichtigste die Finanzierung aus einer Hand ist.

Dann trat die Ärztekammer zum Referat an. Und als die erste Folie die Leinwand erhellte, wurde es dunkel: "Getrennte Finanzierung: Der Weg in die Zukunft". Das Gelächter, das diese Folie begleitete, verhallte genau so, wie die Expertenkritik, die folgte. Aber auch das Konzept verschwand scheinbar. Und dann, plötzlich zu Jahresbeginn 2011, ist es wieder da; unerwartet und genauso falsch, wie es schon zwei Jahre zuvor war.

Dem Kenner war klar, dass es bei dieser "getrennten Finanzierung" nicht um eine Verbesserung der Versorgung ging. Ziel war, die rund vier Milliarden Euro, die die Kassen in die Spitäler zahlen, behalten zu können, damit deren finanzieller Spielraum größer wird, damit die Ärztekammern bei Vertragsverhandlungen wieder punkten können. Denn der Großteil der Kammermacht basiert auf deren Verhandlungsmonopol mit den Kassen, das allerdings nur so lange funktioniert, solange die Kassen flüssig sind. Eine gesundheitswissenschaftliche Begründung für diese Finanzierungsform gibt es nicht.

Was lernt man? Zuallererst, dass es gar nichts bringt, Expertise in die Diskussion zu bringen. Sitzt die Politik einmal auf einem Gaul, dann will sie den auch reiten, ob er tot ist oder nicht. Ist die öffentliche Meinung gerade dafür, den Gaul für tot zu halten, dann wartet man, bis vergessen ist, worum es ging, und kommt dann mit der alten Idee neu heraus, erklärt den Tod als besiegt und verlangt vom Volk mehr Geld, wenn es den Gaul galoppieren sehen will. Aussitzen bewährt sich.

Dann kann man lernen, dass die Mächtigen trotz immer knapper werdender Ressourcen nichts gelernt haben. Auf die Idee, versorgungswissenschaftlich vernünftige Forderungen zu stellen, kommt niemand. Ist ja auch nicht wichtig in einem System, in dem es seit jeher nur um Verhandlungsmacht geht. Beharrung ist besser als Reform!

Und zum Schluss, aber das ist Prophetie, könnte man auch eine anstehende Personalrochade sehen. Es halten sich Gerüchte, Ärztekammerpräsident Walter Dorner will sich zurückziehen. Als Nachfolger fällt fallweise der Name Peter Niedermoser. Und da schließlich er es war, der diese zersplitterte Finanzierung entwerfen ließ, wäre es denkbar, dass hinter dessen "Neuerscheinung" eine Amtsübergabe vorbereitet wird. Ob es Ärzten und Patienten wohl bekommt, wenn sowohl Minister als auch Ärztekammerpräsident aus Oberösterreich kommen? Zweifel sind hier erlaubt.

Dr. Ernest G. Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheitsökonom und Publizist.