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Finanzkrise trifft die Superreichen - die Öl-Milliardäre ausgenommen

Von Peter Muzik

Wirtschaft

1125 Milliardäre besitzen gesamt 4,4 Billionen US-Dollar. | Weltweit gibt es 10,7 Mio. Millionäre. | Gesamtvermögen der Superreichen wird 2008 wegen der Finanzkrise sinken. | Wien. Der ägyptische Geschäftsmann Naguib Sawiris gilt mit einem geschätzten Vermögen von 12,7 Milliarden Dollar als reichster Mann seines Landes - und als wohlhabendster Afrikaner. Der 54-jährige Vorstandsvorsitzende der Telekomfirma Orascom, der gerade einen Deal mit der Telekom Austria einfädeln möchte, rangiert in dem alljährlich vom US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" erstellten Ranking der Superreichen bereits auf Platz 60.


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Im Vergleich zu den drei reichsten Männern der Welt wirkt Sawiris Vermögen allerdings fast bescheiden: Die amerikanische Finanzlegende Warren Buffett bringt 62 Milliarden Dollar auf die Waage. Knapp dahinter liegt der mexikanische Großinvestor Carlos Slim, der sich gerade an der "New York Times" beteiligt hat. Und Platz drei belegt Bill Gates, der stets karitativ engagierte Mister Microsoft.

Immerhin zählt der Ägypter zum exklusiven Klub der Dollar-Milliardäre - so wie der indische Stahl-Tycoon Lakshmi Mittal, der erst kürzlich den Megakonzern Arcelor-Mittal formte. Oder der seit dem Einstieg beim Bauriesen Strabag auch in Österreich bekannte russische Oligarch Oleg Deripaska. Oder der greise, laut eigenem Bekunden dem Alkohol nicht abgeneigte Gründer des schwedischen Möbelhauses Ikea, Ingvar Kamprad.

Die 1125 weltweit registrierten Superreichen besitzen alles in allem die unvorstellbare Summe von 4.400.000.000.000 Dollar - also 4,4 Billionen, das ist deutlich mehr als das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands. 2006 hatte es übrigens laut "Forbes" erst 946 Finanzmagnaten in dieser Größenordnung gegeben.

In den USA leben die meisten Millionäre

Das ist indes nur die Spitze eines Eisbergs: Wenn man die geschätzten Vermögen sämtlicher Dollar-Millionäre dieser Welt zusammenrechnet, so kommt dabei laut dem kürzlich von der Boston Consulting Group veröffentlichtem "Global Wealth Report 2008" fünfundzwanzig Mal so viel raus, nämlich 109,5 Billionen Dollar. Das ist acht Mal so viel wie das Bruttoinlandsprodukt der USA. Im Vorjahr waren es noch fünf Billionen weniger - das Plus beträgt demnach fast fünf Prozent.

Diese gigantischen Vermögenswerte, die weltweit großteils in Aktien, Wert-papieren und Fonds angelegt oder als Bargeld vorhanden sind, befinden sich laut Boston Consulting im Besitz von 10,7 Millionen Menschen - was in Relation zu 2006 einen Zuwachs von 11,2 Prozent bedeutet.

Fast jeder Zweite von ihnen lebt erwartungsgemäß in den Vereinigten Staaten (fünf Millionen Millionäre). Danach folgen Japan, Großbritannien, China und Deutschland, das 422.000 millionenschwere Haushalte vorzuweisen hat.

In Österreich soll es immerhin etwa 77.000 Dollar-Millionäre geben, wobei die absoluten Spitzenreiter à la Piech-Porsche-Clan, die Erben von Friedrich Karl Flick oder Red Bull-Erfinder Dietrich Mateschitz in einer eigenen Liga spielen.

Die größte Dichte an Millionären gibt es im kleinsten Land Südostasiens, dem Stadtstaat Singapur, wo jeder zehnte Haushalt zumindest eine Million schwer ist. Überdurchschnittlich stark sind die Reichen im Nahen Osten präsent, nämlich in Katar, den Arabischen Emiraten, allen voran Dubai und Abu Dhabi, sowie in Kuwait. Ebenfalls im statistischen Spitzenfeld, auf Rang drei, liegt die Schweiz: Jeder vierzehnte eidgenössische Haushalt verfügt über mehr als eine Million Dollar Vermögen.

Russlands Oligarchen holen stark auf

Das große Geld ist traditionell in zwei Weltgegenden konzentriert: Nordamerika mit 39 Billionen Dollar und Westeuropa, das von der Aufwertung des Euro gegenüber dem Greenback profitierte, mit 38 Billionen Dollar, bringen es zusammen auf etwa zwei Drittel des weltweiten Gesamtvermögens in privater Hand.

Das restliche Drittel ist in der übrigen Welt verstreut: Die Region Asien/Pazifik (ohne Japan) mit 25,5 Billionen und Japan, wo die Reichen über 12,5 Billionen verfügen, landen auf den Plätzen drei und vier. Die Ölscheichs im Nahen Osten (allen voran Prinz Al-Waleed Bin Talal Al-Saud als reichster Araber) rangieren mit 1,5 Billionen Dollar deutlich dahinter, aber noch klar vor den russischen Superreichen. Diese werden vorerst auf "nur" 950 Milliarden Dollar taxiert.

Russland holt allerdings, ähnlich wie China und Lateinamerika, rapide auf: In den vergangenen fünf Jahren sind die Vermögen der dortigen Oberschicht rascher gewachsen als in den übrigen Weltgegenden. Manche schafften einen überaus spektakulären Aufstieg: Der Aluminium-Gigant Oleg Deripaska etwa, mit 28 Milliarden Dollar die Nummer eins in Russland, konnte sich in der "Forbes"-Rangliste bereits auf Rang neun platzieren. Seine Landsleute, der Metall- und Öl-Magnat Roman Abramovich, der in Großbritannien lebt, aber auch gern nach Tirol kommt, der Stahl-Moloch Alexai Mordashov und der Top-Banker Mikhail Fridman, haben sich in die Top 20 emporgearbeitet.

Ein glamouröser Geldadel hat sich auch in manchen östlichen Staaten etabliert, wo man das nicht unbedingt erwarten würde: Der reichste Ukrainer beispielsweise, Rinat Akhmetov, hat sich in den Bereichen Stahl und Kohle, Maschinenbau, Lebensmittel, Sport, Medien und Telekommunikation ein Vermögen von 18,7 Milliarden Dollar gesichert. Der 42-Jährige, Sohn eines Bergmanns und einer Verkäuferin, zieht als Abgeordneter der "Partei der Regionen" politisch die Fäden und stellt nicht zuletzt deshalb die rund zehn weiteren Dollar-Milliardäre der Ukraine problemlos in den Schatten.

Die Finanzkrise setzt allen Reichen zu

Ob im Osten, im Westen oder sonst wo: Die oberste gemeinsame Sorge sämtlicher Milliardäre und Millionäre weltweit gilt der Performance in der Verwaltung des Vermögens. Denn die Immobilienkrise in den USA, die zuletzt in etlichen Ländern Wellen geschlagen hat, wird wohl das schon im Vorjahr gedämpfte Wachstum der Portfolios weiter drosseln.

Während die arabischen Superreichen vom enormen Ölpreisanstieg in diesem Jahr profitieren, dürfte sich die Krise speziell auf amerikanische Finanzgrößen negativ auswirken. "Viele Vermögensverwalter werden die Folgen stärker zu spüren bekommen - zum Beispiel geringere Margen und weniger neue Mittel", analysiert Ludger Kübel-Sorger, ein Autor der Boston-Studie.

Die Investoren schwenken zusehends auf konservativere Anlageformen um. Die Zahl der Wohlhabenden werde sich ebenso verringern - wie die Vermögen selbst: "Wir müssen davon ausgehen", sagt Co-Autor Victor Aerni, "dass wir am Ende des Jahres wieder bei rund 100 Billionen Dollar liegen."

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