Bundeskanzler Gusenbauer lobt Euro und soziale Marktwirtschaft. | ÖVP-Obmann Josef Pröll gegen eine Verstaatlichten-Politik im Stil der 1970er Jahre. | 700.000 Besucher bei Leistungsschau des Bundesheeres am Heldenplatz in Wien. | Der Nationalfeiertag am Sonntag ist von den Sorgen um die wirtschaftliche Situation überschattet worden. Fast alle politischen Akteure haben in ihren Stellungnahmen zum Feiertag Bezug auf die wirtschaftliche Lage genommen und damit einhergehend auf die Vorteile der EU-Mitgliedschaft in der Krisensituation verwiesen. Dem Besucherandrang bei der Leistungsschau des Bundesheers, in der Hofburg und in den Ministerien tat die Finanzkrise freilich keinen Abbruch. Am Wiener Heldenplatz und am Rathausplatz wurden bei sonnigem Herbstwetter rund 700.000 Besucher erwartet. Verschlossen bleiben heuer ausnahmsweise die Türen des Parlaments.
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Die Regierung kam Sonntag früh nach den traditionellen Kranzniederlegungen in der Krypta am Äußeren Burgtor zu einem Sonderministerrat zusammen. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) verwies in seiner Erklärung auf die Vorteile der Europäischen Union. "Ich möchte mir nicht vorstellen, wo wir heute wären, wenn wir den Euro nicht hätten", sagte Gusenbauer. Alle Länder, die den Euro nicht eingeführt hätten, stünden angesichts der Finanzkrise vor einer schwierigeren Situation.
Der Kanzler hob gleichzeitig die Bedeutung der sozialen Marktwirtschaft hervor. "Viele, die das Wort 'sozial' nicht hören wollten, haben einsehen müssen, dass Marktwirtschaft nur funktioniert, wenn gleichzeitig Regeln des sozialen Ausgleiches gesetzt werden." Der Glaube an die entfesselte Marktwirtschaft habe sich als Illusion herausgestellt.
Auch Bundespräsident Heinz Fischer ging ausführlich auf die schwierige Wirtschaftslage und die Bedeutung der EU ein. Diese Tage hätten gezeigt, "wie wichtig die Zusammenarbeit in Europa ist" und "wie sehr sich der Euro als starke gemeinsame Währung bewährt hat". "Unsere Probleme wären ohne die Kooperation in der EU noch viel, viel größer." Die Europäische Union habe in der Krise "ihre Bewährungsprobe in eindrucksvoller Weise bestanden", dennoch werde diese "nicht ohne längerfristige Auswirkungen bleiben", so das Staatsoberhaupt in seiner Fernsehansprache.
Für die Regierungsverhandlungen formulierte Fischer "drei Zielsetzungen": das Bemühen um die Bildung einer "stabilen Bundesregierung, die bereit und in der Lage ist, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen", ein Abschluss der Regierungsverhandlungen vor Weihnachten und ein "neuer Arbeits- und Regierungsstil".
Auch fast alle Parteichefs legten den Schwerpunkt ihrer Erklärungen zum Nationalfeiertag auf die Krise. Der designierte ÖVP-Obmann Josef Pröll versprach "Schutz der kleinen und mittleren Unternehmen und des heimischen Gewerbes" und sprach sich gegen eine Verstaatlichten-Politik im Stil der 1970er Jahre aus.
FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache verlangte eine Entlastungsoffensive und wetterte gleichzeitig gegen den "Brüsseler EU-Zentralismus". Der designierte BZÖ-Chef Stefan Petzner forderte ein Vorziehen der Steuerreform und Maßnahmen zur Stärkung der klein-und mittelständischen Wirtschaft. Die designierte Grünen-Parteichefin und Klubobfrau Eva Glawischnig nahm den Feiertag zum Anlass, um neuerlich den FPÖ-Kandidaten für den Dritten Nationalratspräsidenten, Martin Graf, zu kritisieren. Das empörte wiederum die FPÖ, die von einer "ungeheuerlichen Entgleisung" sprach.
Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten in der Wiener Innestadt stand traditionell die Landesverteidigung. Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) hob bei der Angelobung von rund 800 Rekruten aus Niederösterreich und Wien einmal mehr die Bedeutung der Neutralität hervor. Im Rahmen des Festaktes wurde auch des verstorbenen Wiener Altbürgermeisters Helmut Zilk (SPÖ) gedacht.
Auf besonderes Interesse stieß bei der Leistungsschau neben den Panzern und den Hubschraubern wie gewohnt das Eurofighter-Modell. Die Besucher nahmen bis zu einer Stunde Wartezeit in Kauf, um sich in den Flieger hineinsetzen zu können. Zum ersten Mal konnte man heuer auf einer Drahtseilkonstruktion, dem sogenannten Spider Rock, aus 38 Metern Höhe über den Heldenplatz "fliegen".
Zahlreiche Ministerien, das Bundeskanzleramt und die Hofburg luden außerdem zu einem "Tag der offenen Tür". Einzig das Parlament, bisher immer ein Publikumsmagnet am Nationalfeiertag, hielt seine Pforten geschlossen. Begründet wurde dies mit den Aufbauarbeiten zur großen Republiksausstellung. Es war aber auch von einer Überlastung der Mitarbeiter die Rede gewesen.