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Finanzkrise verschont Kunstmarkt

Von Eva Stanzl

Wirtschaft

Zunehmendes Interesse lässt den Markt florieren. | Bester Zeitpunkt zu verkaufen, Korrektur erwartet. | London/New York/Wien. Arne Ehmann hat "Rekordumsätze: Es geht seit zehn Jahren bergauf. Ich muss sagen: Von der Finanzkrise spüren wir nichts, weder von Seiten der internationalen noch der österreichischen Sammler", erklärt der Direktor der Galerie Ropac in Salzburg. Einzig bei der New Yorker Kunstmesse "The Armory Show" im März will das Team der größten österreichischen Galerie eine Spur Zurückhaltung von Seiten der Käufer erkannt haben aufgrund des starken Euro.


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Dabei hatten Kunstexperten schon vor einem Crash gewarnt. Die Krise auf den Finanzmärkten werde auch vor dem Kunstmarkt nicht Halt machen, orakelten Marktkenner in den ersten Monaten des Jahres. Das Auktionshaus Sotheby´s etwa hatte für das erste Quartal einen zwölfprozentigen Ertragsrückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum bekannt gegeben. Ausgabenseitig notierte das Haus Außenstände von 15,91 Mio. Dollar (10,08 Mio. Euro) gegenüber 8,36 Mio. Dollar 2007. Seine Aktie war seit Jahresanfang auf unter 30 Dollar gesunken.

Doch dann klingelten die Kassen. Bei den Frühjahrsauktionen Mitte Mai in London erzielte Sotheby´s einen Rekordumsatz von 469,8 Mio. Dollar. Unter den versteigerten Bildern war das monumentale Gemälde "Tryptich, 1976" des irischen Malers Francis Bacon, das für 86,3 Mio. Dollar an einen Sammler ging. Erzrivale Christie´s setzte in New York 95 Prozent des Angebots ab und spielte 430,81 Mio. Dollar ein. Das Aktgemälde "Big Sue" des britischen Malers Lucian Freud kam hier für 33,6 Mio. Dollar als teuerstes Bild eines lebenden Künstlers unter den Hammer.

Klingelnde Kassen

Andrea Jungmann, Chefin von Sotheby´s Österreich, erklärt die Rekordumsätze nach den zuvor rückläufigen Entwicklungen so: "Natürlich verunsichert eine Krise an den Börsen die Käufer, der Kunstmarkt spürt ja auch die Auswirkungen von Naturkatastrophen." Aber "offenbar ist die Krise nicht so schlimm wie befürchtet und in Europa weniger stark". Ein Kunstmarkt-Crash wie in den 1990er Jahren, als sich die finanzkräftigen Japaner zurückzogen, sei nicht zu erwarten. Damals hätte es weniger Käufer gegeben, die die japanische Finanzkraft ersetzen konnten. Heute gebe es neue Käufer aus Russland, China, Indien und der arabischen Welt, die zunehmendes Interesse an den einzigartigen Investitionsobjekten hätten. Neben Kunst aus ihren Ländern kaufen sie nun westeuropäische und US-Kunst. Auch auf neuen Märkten, wie die Existenz der Kunstmesse "Art Dubai" beweist, die heuer erstmals stattfand. Galerist Ehmann sieht heute eine gesündere Preisstruktur als in den 1990er- Jahren. "Es ist seriöses Geld unterwegs - Cash und nicht geborgtes Geld. Die jetzige Käuferschicht ist eine Erben-Generation mit einem guten Cashflow. Wir haben keine Kunden, die aus spekulativen Gründen Kunst kaufen", sagt der Salzburger Galerist.

Dennoch und trotz aller Positiv-Stimmung würden manche Marktteilnehmer eine Korrektur willkommen heißen. Zwar gilt der Kunstmarkt nach wie vor als aufnahmefähig. Jedoch wird eine zunehmende Dichte an Kunstmessen von anscheinend immer mehr Käufern besucht: Angebot regelt die Nachfrage. "Niemand will, dass die Preise in den Keller rasseln. Aber es besteht das Gefühl, dass manche der teuren Arbeiten, die jetzt gehypt werden, nicht im Wandel der Zeit bestehen werden, da ihr Wert ohne den Segen der Institutionen geschaffen wurde", erklärt der in Wien lebende Kunstkurator Jasper Sharp, der internationale Sammler berät und Sammlungen aufbaut. "Der übliche Weg der Wertaufladung von Kunstwerken - Meisterklasse, Verkauf ab Atelier, Förderung durch einen Galeristen, Museumsausstellungen, Auktionen - wird dabei umgangen", sagt Sharp.

Korrektur zu erwarten

Galerist Ehmann rechnet mit Preiskorrekturen in den nächsten Jahren. "Wenn man Gewinn machen will, sollte man jetzt verkaufen, das ist der absolut beste Zeitpunkt", empfiehlt er: "Wir sind in einer Aussiebungsphase, und die Frage ist, wer sich halten wird."