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Finanzmärkte in Aufruhr

Von Stephen Dover

Gastkommentare
Stephen Dover leitet das Franklin Templeton Institute, einen der größten Vermögensverwalter der Welt.
© Franklin Templeton

Die Turbulenzen der Credit Suisse machen den Bedarf an vertrauenswürdigen Institutionen deutlich.


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Die Nervosität auf dem Markt hat dazu geführt, dass die Credit Suisse und ihre Fähigkeiten, die kommenden Herausforderungen zu meistern, angezweifelt werden. Die Großbank hat seit einigen Jahren ein schlechtes Risikomanagement und ist dabei, sich nun zu verkleinern. Das neue Management steht erst am Anfang eines dreijährigen Turnarounds, der eine radikale Umstrukturierung, samt der Veräußerung des Investmentbanking-Geschäfts, vorsieht. Der Credit Suisse steht eine schwierige Zeit bevor.

Bankenkrisen kommen regelmäßig vor, aber diesmal haben die jüngsten Ereignisse einen Nachhall hinterlassen. In Europa und Asien sind die Auswirkungen auf den Bankensektor sehr begrenzt, aber die Nervosität hat die Finanzmärkte volatiler gemacht. Im Bankwesen geht es, wie bei Investitionen, um Vertrauen. Obwohl wir alle wissen, dass unsere Einlagen (größtenteils) garantiert sind, fällt es schwer, sein Geld nicht abzuheben, wenn man sich Sorgen macht. Deshalb haben die Regulierungsbehörden schnell gehandelt. Die Turbulenzen der Credit Suisse unterstreichen den Bedarf an vertrauenswürdigen Institutionen und behördlicher Aufsicht, beides schätzen Anleger weltweit.

Die Nervosität der internationalen Kapitalmärkte scheint sich auf mögliche Auswirkungen auf die Zentralbanken zu konzentrieren. Werden diese sich gezwungen sehen, die Zinserhöhungen zu unterbrechen, um die Inflation zu zügeln? Wir halten das für unwahrscheinlich, auch wenn sich das Tempo oder der Umfang der Anhebungen vorübergehend ändern könnte.

Die jüngsten Ereignisse könnten die Argumente gegen eine Lockerung der Wettbewerbsvorschriften verstärken. Wir sollten mit einer verstärkten Regulierung und Aufsicht weltweit rechnen. Das könnte sich teilweise wachstumshemmend auswirken und die Finanzierungskosten der Banken sowie die Geschäftskosten der Unternehmer in die Höhe treiben - ein durchaus lohnender Preis aus Sicht jener Anleger, die vergangenes Wochenende entschädigt wurden.

Wertpapiere müssen als risikoreicher eingestuft werden, als wir bisher dachten. Liquidität im Sinne der Rechnungslegung gibt es in vielen Varianten, von denen einige gar keine Barmittel sind, und während die Anleger normalerweise nicht viel über die Bilanzstärke der von ihnen gewählten Bank nachdenken, scheint dies genau die Art von eingehender Prüfung zu sein, die erforderlich ist, um Überraschungen zu vermeiden. Das Konzentrationsrisiko ist etwas, worüber Anleger und Unternehmen durch die Corona-Schließungen eine Menge gelernt haben. Die Reaktion darauf war die Diversifizierung der Lieferketten bei allen Waren. Das gleiche Prinzip gilt für Geschäftsbanken. Unternehmen weltweit sollten ihre Bankbeziehungen aus ähnlichen Gründen diversifizieren.

Die Nischenklientel der Silicon Valley Bank, die aus Start-ups besteht, muss ihren Ansatz für Bankbeziehungen überdenken. Die vielleicht größte Auswirkung wird darin bestehen, dass die großen, etablierten Technologiekonzerne dank ihrer starken Bilanzen und ihrer Kenntnis der Nische den Start-up-Bereich dominieren werden.