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Finanzspekulation: Bundesländer sollen an die Kandare genommen werden

Von Clemens Neuhold

Politik

Finanzstaatssekretär Schieder will so wenig Spielraum für Länder "wie möglich".


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Wien. Für das Spekulationsverbot, das derzeit hinter den Kulissen verhandelt wird, braucht die Regierung die Stimmen der Grünen. Es handelt sich nämlich um ein Verfassungsgesetz. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat bereits abgewunken, ihm gehen die Entwürfe zu wenig weit.

Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" gibt Finanzstaatssekretär Andreas Schieder die Richtung vor: den Spielraum für die Bundesländer und Gemeinden will er "so klein wie möglich" halten. Das Spekulationsverbot ist ja eine Reaktion auf den Finanzskandal in Salzburg. Und auch die milliardenschwere Veranlagung von Wohnbaudarlehen in Niederösterreich sehen viele als Beweis, dass die Länder zu viel Spielraum zum Zocken mit öffentlichen Geldern hatten.

Gebe es das geplante Spekulationsverbot schon, welche Auswirkungen hätte es auf die Geschäfte der beiden Länder? "Beide Fälle wären nach den neuen Regeln nicht mehr möglich. Das ist ja der Sinn der Übung", sagt Schieder. Damit widerspricht er Rechnungshof-Präsident Josef Moser, der meinte, die geplanten Regelungen hätten den Finanzskandal in Salzburg nicht verhindert.

"Dann pfeifen wir drauf"

Der Vize-Chef der Grünen, Werner Kogler, sieht die Rolle der Länder als Knackpunkt für die Zustimmung seiner Partei. "Wir pfeifen auf ein Verfassungsgesetz, wenn die Länder zu viel Interpretationsspielraum haben. Es kann nicht sein, dass St. Pölten und Klagenfurt selbst bestimmen, in welche Risikogruppe ein Fremdwährungskredit fällt." Ein zweiter Knackpunkt für ihn: "Die Veranlagung der Länder und Gemeinden muss im Budget transparent ausgewiesen und mit freiem Auge sichtbar sein", so Kogler, sonst sei eine Kontrolle unmöglich. Er sieht durch den öffentlichen Druck ein "historisches Fenster" für ein strenges Spekulationsverbot.

Geordneter Ausstieg

Welche Auswirkungen wird das Verbot auf die Milliarden Euro haben, die Salzburg und St. Pölten noch am Kapitalmarkt veranlagt haben? "Das Verbot gilt für künftige Geschäfte. Es wird keinen Verkaufszwang für einzelne Papiere zu einem bestimmten Datum geben, weil die Verluste dadurch noch wachsen könnten. Allerdings sollen alte Veranlagungen abgebaut und das Risiko schrittweise minimiert werden", sagt Schieder und gibt ein Beispiel. "Wenn ein Derivat bis 2020 läuft und 2014 ist der Kurs gut, sollte man aussteigen."

"Wieder zweckwidmen"

Schlechte Nachrichten für Niederösterreich. Das Land liegt wie berichtet um hunderte Millionen Euro unter den Erwartungen. "Hätte das Land die Wohnbaudarlehen nicht verkauft und damit spekuliert, stünde es heute finanziell deutlich besser da", meinte eine Rechnungshof-Sprecherin zur "Wiener Zeitung." Mit dem Zocker-Verbot und der Vorgabe, langsam auszusteigen, ist eine Aufholjagd wohl ausgeschlossen. Schieder zu Niederösterreich: "Ich bin überhaupt dafür, dass Wohnbaumittel wieder zweckgewidmet werden."

In Salzburg gibt es Spekulationen, wonach das Land beim Ausstieg aus den Risikopapieren glimpflich davon kommen könnte. "Ich hege diese Hoffnung, es ist schade um jeden Cent Steuergeld. Allerdings müssen wir noch den Finanzbericht abwarten", sagt der Staatssekretär. Es dürfe aber gar nicht mehr so weit kommen.

In der Verfassung wird geregelt sein, dass Steuergelder nur noch risikoarm und nicht gewinnmaximierend angelegt werden dürfen, "vermeidbare Risken" sind auszuschließen. Mit dieser Regelung wäre Österreich laut Schieder "Vorreiter in der EU", ein Spekulationsverbot im Verfassungsrang habe kein anderes Land in der Union. Was die Strenge der Regeln betreffe, liege man dann im "oberen Drittel".

Kein Fremdwährungskredit

Die Details des Zocker-Verbots werden mit den Ländern einzeln vereinbart. Daran gab es Kritik vom Rechnungshof-Präsidenten Josef Moser. Er hätte sich Details, welche Geschäfte genau verboten sind, auch in der Verfassung gewünscht. Schieder hält aber fest, dass Fremdwährungskredite, wie sie etwa Wien in großem Maße abgeschlossen hat, künftig für alle Länder verboten sein werden. Bei sogenannten Derivaten, die bei der letzten Finanzkrise viel Schaden angerichtet haben und den Beinamen "finanzielle Massenvernichtungswaffen" tragen, müsse ein Grundgeschäft dahinter liegen, sagt der Staatssekretär. Beispiel: Eine Energie-Gesellschaft, die einem Bundesland gehört, kauft Gas und sichert den Wechselkurs oder den Gaspreis des Geschäfts mit einem Derivat ab. Das soll weiterhin erlaubt sein, weil ein konkretes Gasgeschäft dahinter liegt. Auch soll laut Schieder ein großer Unterschied gemacht werden, ob ein Land oder eine Gemeinde investieren oder spekulieren will.