15 niederösterreichische Städte und Gemeinden liegen mit Bank im Clinch.
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Bruck/Leitha. Nach den Städten Linz und St. Pölten, die sich gerichtlich mit der Bawag wegen umstrittener Finanzwetten matchen, setzt auch die niederösterreichische Stadtgemeinde Bruck an der Leitha ihren Rechtsstreit mit der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien (RLB NÖ-Wien) fort - gezwungenermaßen. Zwar soll laut den Angaben von Gemeinderat Roman Kral (Grüne) SP-Bürgermeister Richard Hemmer die Ermächtigung erhalten haben, zu bestimmten Bedingungen einen Vergleich zu schließen - kolportiert werden 70 Prozent der ursprünglichen Forderung samt Bezahlung der bisher angefallenen Kosten. Doch die RLB NÖ/Wien soll auf einen Vergleich bei der ersten Gerichtstagsatzung im Februar nicht eingegangen sein. Am 26. März steht der Zivilprozess (Aktenzahl 19 Cg 171/11k) erneut auf der Tagesordnung des Handelsgerichts Wien.
Zweites Gutachten liegt vor
"Bei Bruck hat Raiffeisen in Hinblick auf eine Regelung abgewunken", sagt Anwalt Lukas Aigner von der Kanzlei Kraft & Winternitz zur "Wiener Zeitung", der Bruck vertritt. "Die Raiffeisenbank hat gesagt, sie kann sich gar keinen Vergleich vorstellen. Wenn die sich so sicher sind, dann wird halt prozessiert." Nachsatz: "Wir haben ein zweites Gutachten vorgelegt, das die Werte des ersten Gutachtens bestätigt. Dieses Derivatgeschäft hatte eine gravierende Asymmetrie zulasten des Kunden." Die RLB NÖ/Wien bestreitet die Vorwürfe. Wie die "Wiener Zeitung" berichtete, klagt Bruck die RLB NÖ/Wien auf 355.000 Euro Schadenersatz aus einem Derivatgeschäft "Swap 706322". Anwalt Aigner vergleicht diese "intransparente Zinswette" mit einem Rennen, bei dem die Stadt Bruck erst fünf Sekunden nach der RLB starten durfte.
"Das ist ein enormer Nachteil, der sich auf das ganze Geschäft auswirkte", sagt der Anwalt. Die Wette begann für die Stadtgemeinde bereits negativ.
Bewusst zum Nachteil?
"Sachverständigenanalysen im Vorfeld der Klagsführung haben ergeben, dass das Swap-Geschäft zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen von der RLB NÖ/W bewusst zum Nachteil der Stadtgemeinde eingerechneten Marktwert von stattlichen 210.000 Euro hatte", behauptet Aigner in der Klage. "Dieser Negativwert ist zugleich Ausdruck der völlig ungleichen Verteilung der Chancen und Risiken aus dem Swap-Geschäft zum Nachteil von Bruck an der Leitha." Nachsatz: "Die Wahrscheinlichkeit, dass die Gemeinde bei diesem Spekulationsgeschäft verliert, war relativ hoch." Laut dem Brucker Gemeinderat Roman Kral hat "die Raiffeisenlandesbank die Gemeinde im vollen Bewusstsein über den Tisch gezogen".
Eine Behauptung, die RLB-Sprecherin Michaela Stefan vehement in Abrede stellt. "Zum laufenden Verfahren kann ich mich nicht äußern", sagt Stefan. "Wir werden den Fall Bruck an der Leitha vom Gericht klären lassen und sehen dem sehr gelassen entgegen." Nachsatz: "Wir haben keinen Anlass, von unserer bisherigen Haltung abzuweichen."
Nach wie vor Verhandlungen
Laut Michaela Stefan sind ursprünglich 16 Gemeinden mit Ansprüchen an die RLB herangetreten, die, wie Payerbach, Hollabrunn und Maissau, von Anwalt Aigner vertreten werden. Ein, zwei Fälle sollen aber bereits bereinigt worden sein.
"Bei den anderen Gemeinden gibt es noch auf Gemeindeebene Verhandlungen", sagt Rechtsanwalt Lukas Aigner. "Es sind in diesen Fällen noch keine Klagen eingebracht worden und es gibt auch Angebote der RLB." Nachsatz: "Es haben sich bei uns mittlerweile auch Unternehmer gemeldet, die ähnliche Geschäfte mit Raiffeisen gemacht haben." Die Schäden sollen auch in diesen Fällen "extrem hoch sein".