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Fini vor Bruch des Bündnisses mit Berlusconi

Von Rainer Mayerhofer

Europaarchiv

Streit wegen des verstärkten Einflusses der Lega Nord auf Regierungslinie. | Senatspräsident Schifani droht mit Neuwahlen. | Wien/Rom. Im italienischen Regierungslager ist Feuer auf dem Dach. Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Gianfranco Fini, drohte Premierminister Silvio Berlusconi mit der Gründung einer eigenen Fraktion, die sich laut Fini auf bis zu 50 Abgeordnete und zwischen 15 und 20 Senatoren stützen könnte. Bereits ab 30 Abgeordneten wäre eine künftige Fini-Fraktion für den Bestand des Regierungslager überlebensentscheidend.


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Grund für die dicke Luft zwischen den beiden Politikern der Regierungspartei PdL sind Berlusconis Zugeständnisse an den Bündnispartner Lega Nord in Fragen der Verfassungsreform und des Föderalismus, nachdem die Lega Nord unter Umberto Bossi bei den jüngsten Regionalwahlen überdurchschnittlich gut abgeschnitten hat.

Bei einem gemeinsamen Abendessen am Mittwoch stellte Fini, dessen Verhältnis zu Berlusconi seit Jahren immer wieder von Perioden der Spannung und dazwischen kurzen Versöhnungen geprägt war, ein zweitägiges Ultimatum. Der Kammerpräsident, der seine frühere Partei, die postfaschistische Alleanza Nazionale, erst vor einem Jahr mit der Berlusconi-Partei Forza Italia zur Partei "Volk der Freiheiten" ((PdL) vereinigt hatte, zeigte sich empört darüber, dass er über Vereinbarungen zwischen Berlusconi und Bossi erst im Nachhinein erfahren hat.

Berlusconi versuchte seine Vereinbarungen mit Bossi über eine Verfassungsreform herabzuspielen und meinte, es handle sich bei den jüngst präsentierten Plänen nur um erste Vorschläge. Der Premier forderte seinerseits Fini zum Rücktritt vom Amt des Kammerpräsidenten auf. Fini habe ihm versprochen sein Amt zurückzulegen, wenn er vorhabe wieder aktive Politik zu machen, meinte Berlusconi, der seinem innerparteilichen Widersacher keine großen Chancen einräumt. Fini verfüge im Senat nicht über genug Anhänger für eine eigenen Fraktion und im Abgeordnetenhaus habe er vielleicht 20 bis 22 Anhänger. "Die werde ich mir einem nach den anderen einzeln zurückholen" sagte Berlusconi.

Das nationale Parteigremium der PdL soll am kommenden Donnerstag um die parlamentarischen Gruppen erweitert die Streitfragen erörtern.

Senatspräsident Renato Schifani drohte für den Fall einer Abspaltung der Fini-Anhänger mit vorgezogenen Neuwahlen, obwohl Fini schon klargemacht hat, dass er mit einer eigenen Fraktion die bisherige Regierung weiter unterstützen würde. Damit wären die Voraussetzungen für Neuwahlen nicht gegeben, die laut Verfassung auch nur vom Staatspräsidenten angesetzt werden können.

Trotzdem rechnet auch Lega-Nord-Chef Umberto Bossi mit Neuwahlen, weil er nicht an eine Versöhnung Finis mit Berlusconi glaubt.

Berlusconi-Vertrautem drohen 11 Jahre Haft

Unheil droht der Berlusconi-Partei auch einmal mehr von juristischer Seite. Im Berufungsprozess gegen seinen engen Vertrauten, Senator Marcello Dell'Utri, forderte die Staatsanwaltschaft in Palermo am Freitag elf Jahre Haft für den Angeklagten. Dell'Utri wird vorgeworfen, Verbindungen zum Organisierten Verbrechen unterhalten zu haben. In erster Instanz war er deswegen im Dezember 2004 zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Die Staatsanwälte in Palermo werfen Dell'Utri vor, in den 80er Jahren der Mafia Schmiergelder gezahlt habe, um die Expansion von Berlusconis Geschäften auf Sizilien zu fördern.