Kommissar Kallas: "Mehr Probleme kreiert als gelöst." | Kommissarin Reding glücklich über Medienarbeit. | Brüssel. Verdammung oder Lob? Die Europäische Kommission ist sich nicht einig darüber, was sie von der finnischen Ratspräsidentschaft halten soll. Während einige Kommissare die Arbeit der Skandinavier rückblickend als katastrophal einstufen, loben sie andere über den grünen Klee.
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"Die Finnen haben mehr Probleme geschaffen als gelöst", sagte EU-Verwaltungskommissar Siim Kallas dieser Tage vor Journalisten in Brüssel. Besonders entrüstet seien die EU-Behörden darüber gewesen, dass die bereits abgeschlossenen Budgetverhandlungen von Helsinki wieder geöffnet wurden. Finnische Politiker hätten ihre nationalen Interessen über die der Europäischen Union gestellt, hieß es aus Kommissionskreisen.
Streit um Verwaltung
Besonders ärgerlich sei die Debatte über die vorgeblich überhöhten Verwaltungskosten der europäischen Behörden. Sie sei nur losgetreten worden, um mit Blick auf die nächstes Jahr stattfindenden Parlamentswahlen in Finnland bei der eigenen Wählerschaft zu punkten. Die EU-Ratspräsidentschaft hatte ein groß angelegtes Programm von Personalkürzungen für Beamte vorgeschlagen. Dabei liegt die EU mit einem veranschlagten Administrations-Budget von 4 Prozent weit unter dem EU-Durchschnitt von 22 Prozent.
Völlig konträr sieht EU-Medienkommissarin Viviane Reding die Leistungen Helsinkis: "Die finnische EU-Ratspräsidentschaft war hervorragend." Man habe im Hintergrund sehr effektiv gearbeitet, wovon vor allem Deutschland profitieren werde, das den EU-Vorsitz nächstes Jahr übernimmt. "Die Deutschen werden die Früchte pflücken, die die Finnen gesät haben", sagte Reding, die besonders glücklich über die durchgebrachte neue EU-Fernsehrichtlinie und die Arbeit zur Reduzierung der Roaming-Gebühren ist.
Brüsseler Experten beäugen die finnische EU-Ratspräsidentschaft schon lange kritisch. Denn abgesehen von der erwähnten Fernsehrichtlinie und dem vorläufigen Kompromiss über die Chemikalienrichtlinie habe Finnland keine namhaften Erfolge aufzuweisen.
Umso größer ist die Erwartungshaltung gegenüber Deutschland, das im Jänner die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen wird. Vor allem die EU-Verfassung soll einen kräftigen Impuls erhalten, finden doch in diesem Halbjahr auch die Präsidentenwahlen in Frankreich statt, wo man noch vor zwei Jahren Non zum Regelwerk gesagt hatte.