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Fischer fordert die Aufhebung des Verfallsdatums von Volksbegehren

Von Brigitte Pechar

Politik

In seiner Bilanz-Pressekonferenz angesichts der zu Ende gehenden XXI. Legislaturperiode sprach sich Nationalratspräsident Heinz Fischer gestern für die Behandlung von Volksbegehren über die Legislaturperiode hinaus aus. Von den sechs Begehren sind bisher nur drei abschließend, eines gar nicht behandelt worden. Neben dieser Forderung übte Fischer aber auch Kritik an der Regierung, die eine höhere Staatsschuld hinterlasse, als sie übernommen habe.


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Derzeit verlieren Volksbegehren aufgrund des Diskontinuitätsprinzips am Ende der Gesetzgebungsperiode ihre Relevanz. Fischer plädierte dafür, "eine Ausnahme von diesem Grundsatz zu machen" und Volksbegehren so lange als Verhandlungsgegenstand zu betrachten, bis der Nationalrat zu einer Entscheidung kommt. Er argumentiert, dass im Gegensatz zu Abgeordneten, deren Mandat am Ende einer Legislaturperiode auslaufe, sich das Volk am Ende einer Gesetzgebungsperiode nicht ändere. Daher wäre es gerechtfertigt zu sagen, dass zwar ein Antrag eines Mandatars an Relevanz verliere, nicht aber ein von den Bürgern unterzeichnetes Begehren.

Nichts hält Fischer davon, in der Verfassung zu verankern, dass ein Volksbegehren, dem vom Nationalrat nicht ausreichend Rechnung getragen wurde, automatisch zu einer Volksabstimmung führt. Das parlamentarische Prinzip, ausgehend von der Vorlage so lange zu verhandeln, bis das best mögliche Ergebnis und der best mögliche Kompromiss vorliege sei besser als das eindimensionale Ja-Nein-Prinzip einer Volksabstimmung.

"Es ist hoch an der Zeit für eine Gesetzesänderung, die das Verfalldatum eines Volksbegehrens mit dem Auslaufen einer Legislaturperiode nicht mehr gleichsetzt", unterstützte der stellvertretende Klubobmann der Grünen, Karl Öllinger, die Idee Fischers. Das Anliegen eines Volksbegehrens sei nicht weniger wert oder weniger dringlich, nur weil eine Regierung sich selbst auflöse, so Öllinger. Zustimmung kam auch von den InitiatorInnen des Sozialstaatsvolksbegehrens. Die derzeitige Regelung, die dem Diskontinuitätsprinzip unterliege, sei "demokratiepolitisch höchst fragwürdig".

Rügen seitens der ÖVP und der FPÖ trug dem stellvertretenden SPÖ-Chef dessen Kritik an der Regierung ein. Fischer hatte die hohen Schulden angeprangert, die die FPÖ-ÖVP-Koalition hinterlasse: Diese habe Schulden von 127,5 Mrd. Euro übernommen und hinterlasse 135,6 Mrd. Euro. Dies trotz der permanenten Nulldefizit-Ankündigung und hoher Steuern: "Wir haben eine höhere Staatsschuld und haben obendrein noch eine besonders hohe Steuerquote", so Fischer.

Es sei "höchst bedenklich, dass Heinz Fischer wieder einmal seine Funktion des Parlamentspräsidenten und des SPÖ-Vorsitzenden vermischt und das Parlament als Bühne dafür missbraucht", meinte FPÖ-Abg. Helene Partik Pablé. Ähnlich auch ÖVP-Abg. Paul Kiss: Wenn sich Fischer als SPÖ-Vize zu Wort melde, solle er dies im "War Room der SPÖ-Container" tun.

Zur Bilanz der Legislaturperiode stellte Fischer fest, das 42 Prozent der Entscheidungen einstimmig gefällt wurden - seit der Übernahme der FPÖ durch Jörg Haider habe der Einstimmigkeitsgrad zwischen 25 und 34 Prozent betragen. Unter der SP-Alleinregierung unter Kreisky lag der Prozentsatz zwischen 75 und 85 Prozent, während der SP-FP-Koalition 79 Prozent.

An Reden wurden 8.464 seitens der Abgeordneten und 747 von der Regierungsbank aus gehalten. Was die Beiträge der Mandatare betrifft, gingen 33,2 Prozent auf das Konto der SPÖ, 25,63 Prozent auf jenes der FPÖ, 23,12 Prozent das der ÖVP und 18,22 Prozent auf das Konto der Grünen.