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Zeitgleich mit US-Präsident in Jakarta. | Riesenland voller Spannungen. | Wien. Wenn Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer am 9. November in Jakarta eintrifft, ist die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wohl auf einen anderen Staatsgast gerichtet. Der hat in Indonesien vier Schuljahre verlebt, und er ist der mächtigste Mann der Welt.
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US-Präsident Barack Obama trifft im Rahmen einer Asien-Tour von Indien kommend am selben Tag wie Fischer in Indonesien ein. Danach reist er zum G20-Gipfel nach Südkorea und nach Japan weiter.
Die Visite Obamas, der dabei seine ehemaligen Schulklassen besuchen will, war schon lange geplant, ist aber dreimal verschoben worden. Der Präsident wollte wohl vermeiden, dass seine Weltgewandtheit im Wahlkampf vor den Midterm-Wahlen seinen Gegnern, die ihn ohnehin gerne als Ausländer darstellen, zusätzliche Munition liefert.
Heinz Fischer besucht hingegen das erste Mal den größten Inselstaat der Welt. Der letzte Staatsbesuch liegt schon 15 Jahre zurück. Damals traf Thomas Klestil seinen Amtskollegen Suharto. Dieser, ein strikter Antikommunist, hatte 1965 mit Hilfe der USA seinen Vorgänger Sukarno weggeputscht und seitdem diktatorisch regiert. 1998 musste er im Zuge von Protesten, ausgelöst durch die asiatische Wirtschaftskrise, zurücktreten. Seitdem haben die demokratischen Strukturen und die Lage der Menschenrechte erhebliche Fortschritte gemacht. 2001 wurde zwei der 33 Provinzen ein Autonomie-Sonderstatus gewährt.
Problem Separatismus
Im Fall von Aceh, der Westprovinz auf Sumatra, wurde er allerdings erst nach dem Tsunami von 2004 mit Leben erfüllt. Im August des folgenden Jahres wurde mit den bis zur Todeswelle aktiven Rebellen eine Friedensvereinbarung geschlossen, wonach diese ihre Waffen abgeben und eine eigene Partei gründen sollten.
Ganz sei der Separatismus zwar nicht verschwunden, meint I Gusti Agung Wesaka Puja, der den Frieden mitverhandelt hat und seit kurzem Indonesiens Botschafter in Wien ist. So seien beispielsweise nicht alle Waffen den Behörden ausgehändigt worden. Außerdem gebe es mittlerweile Zwistigkeiten unter den ehemaligen Unabhängigkeitskämpfern. Aber immerhin habe sich Aceh ökonomisch erholt, seit 75 Prozent der Einnahmen aus Öl und Gas in der Region verbleiben.
Aceh ist nur ein Beispiel für die vielen auseinanderstrebenden Interessen in diesem größten Staat Südostasiens. Der umfasst mehr als 17.000 Inseln, 6000 davon sind bewohnt - von rund 300 Ethnien mit unterschiedlichen Sprachen. Von der Religionszugehörigkeit her ist Indonesien das größte islamische Land der Welt. Wenn es Konflikte mit den anderen vier Religionen gibt, versucht die Regierung, sie lokal einzugrenzen, sagt Puja. Unvergessen ist der islamistische Anschlag auf der Touristen-Insel Bali von 2002, und in letzter Zeit häufen sich muslimische Angriffe auf Christen.
Ein Beispiel dafür bietet die Inselgruppe der Molukken. Dort verfolgen Muslime die relativ große christliche Bevölkerung (rund 33 Prozent) immer wieder in Pogromen. Eine molukkische Unabhängigkeitsbewegung wollte kürzlich in den Niederlanden gegen den indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono wegen Menschenrechtsverletzungen klagen. SBY, wie der Staatschef, der gleichzeitig auch Regierungschef ist, abgekürzt wird, sagte den Staatsbesuch daraufhin in letzter Minute ab.
Wille zur Einheit
Zwar erklärte ein Gericht in Den Haag kurz darauf, Yudhoyono müsse nicht festgenommen werden, aber das Misstrauen des Präsidenten war größer. Schließlich hat man mit der einstigen europäischen Großmacht schlechte Erfahrungen gemacht - rund 350 Jahre haben die Niederländer als Kolonialmacht den Großteil des heutigen Staatsgebietes ausgebeutet. Erst nach einem Krieg akzeptierten sie 1949 die vier Jahre zuvor von Sukarno ausgerufene Souveränität Indonesiens. Diesen Unabhängigkeitskampf nannten die Indonesier "Merdeka" - Befreiung - und sie wollten diese "von Sabang bis Merauke". Die Stadt Sabang liegt im äußersten Nordwesten in Aceh, Merauke in West-Papua ganz im Osten.
Auch in dieser östlichen Provinz gibt es eine Bewegung, die die Loslösung vom Staatsgebilde anstrebt. Erst kürzlich tauchte ein Video aus dem vergangenen Jahr auf, in dem indonesische Soldaten zwei Männer foltern, die sie der Zugehörigkeit zur Unabhängigkeitsbewegung verdächtigten. Ein Zeichen der erlangten Pressefreiheit ist, dass die nationalen Medien darüber empört berichteten. Die Regierung sagte die Bestrafung der Täter zu.
Trotzdem wird separatistischen Bewegung mit aller Härte begegnet. Die Einheit des Landes soll in keinem Fall gefährdet werden. Schon die Entlassung von Ost-Timor, die 2002 unter dem Druck der UNO zustande kam, wurde als nationale Schmach empfunden.
Gut durch die Krise
Botschafter Puja hält die vergleichsweise gute wirtschaftliche Lage für den Grund, dass es den größten Staat Südostasiens nicht zerreißt. Auch in der Wirtschaftskrise ist im Gegensatz zu den Nachbarstaaten, die stärker exportabhängig sind, das Bruttoinlandsprodukt gewachsen, weil man sich auf starken Inlandskonsum stützen kann. Mittlerweile wächst aber auch in Malaysia und Singapur, die Fischer gleichfalls besuchen wird, die Wirtschaft wieder - Singapur übertrifft mit seinem gegenwärtigen Boom sogar China.
Schwerpunkt des Besuches von Fischer, der von einer starken Wirtschaftsdelegation begleitet wird, werden Kooperationen und Einzelprojekte sein.