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Heinz Fischer ist seit gestern Vormittag offiziell das neue österreichische Staatsoberhaupt. Mit ihm ist erstmals seit 30 Jahren wieder ein Sozialdemokrat in die Hofburg eingezogen. In seiner Antrittsrede gelobte Fischer vor der Bundesversammlung eine unparteiische Amtsführung: "Ich kann und werde meine Herkunft aus der österreichischen Sozialdemokratie nicht verleugnen und den Idealen meiner Jugend nicht untreu werden - aber ich kann und werde jede Parteilichkeit hinter mir lassen." Mit dem gestrigen Tag hat Fischer dementsprechend auch seine SPÖ-Mitgliedschaft ruhend gestellt. Der neue Bundespräsident war gemeinsam mit seiner Ehefrau Margit zu Fuß ins Parlament marschiert.
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Seit gestern befindet sich der begeisterte Bergsteiger Fischer am "Gipfel" des von ihm angestrebten 3.000ers. Er empfinde "Stolz, Freude, Dankbarkeit, aber auch ein klein bisschen Nervosität", erklärte er auf dem Weg ins Parlament. Doch ein gemütlicher Morgenspaziergang war es nicht, denn Fischer wurde von zahlreichen Journalisten und Kameraleuten begleitet.
Von Kurt Waldheim bis zum Apostolischen Nuntius
Zahlreich war auch die Besucherschar, die ihn im alten Reichsratssitzungssaal im Parlament erwartete. Rund 1.000 Gäste waren zur Angelobung gekommen. Darunter etwa Fischers einzig noch lebender Vorgänger Kurt Waldheim mit Gattin, die Witwe des verstorbenen Bundespräsidenten Thomas Klestil, Margot Klestil-Löffler, und die Witwe von Alt-Bundespräsident Rudolf Kirchschläger, Herma Kirchschläger. Gekommen waren auch die früheren Bundeskanzler Fred Sinowatz und Franz Vranitzky sowie einige ehemalige Minister - u.a. Robert Lichal, Leopold Gratz und Rudolf Streicher - und Vertreter der Sozialpartner und Religionsgemeinschaften. An der Spitze des Diplomatischen Korps stand der Apostolische Nuntius Georg Zur.
Kurz vor 10.30 Uhr sprach Fischer den Amtseid (siehe unten). Auf die seit Rudolf Kirchschläger üblich gewordene Beifügung "so wahr mir Gott helfe" verzichtete der bekennende Agnostiker. Angelobt wurde er von der derzeitigen Präsidentin der Bundesversammlung und des Bundesrates Anna Elisabeth Haselbach. Sie würdigte Fischers politisches Handeln mit der Bereitschaft, bestehende Gegensätze in Respekt und mit dem Willen zum Ausgleich zu mindern.
Fischer würdigte in seiner Rede Klestils "Lebenswerk"
Fischer lobte gleich zum Auftakt seiner 20minütigen Rede das "Lebenswerk" seines Vorgängers Klestil. Er selbst will sich in den kommenden sechs Jahren bemühen, das Vertrauen seiner WählerInnen zu rechtfertigen und "möglichst viele von jenen zu überzeugen, die diesmal anders entschieden haben".
Gegenüber der Bundesregierung brachte er seinen Willen zu "sachlicher Zusammenarbeit" zum Ausdruck. Gleichzeitig betonte er aber: "Der Bundespräsident hat das Recht und die Pflicht, sich in angemessener Form zu Wort zu melden, wenn dies dem Ziel dient, einen Beitrag für die positive Entwicklung unseres Landes zu leisten oder Schaden von unserem Gemeinwesen abzuwenden."
Auch plädierte Fischer für Fairness bei der Austragung politischer Konflikte und für soziale Gerechtigkeit. Als zentrale Aufgaben seiner politischen Bemühungen nannte er "Friede und Friedenspolitik".
Schüssel bot "vertrauensvolle Zusammenarbeit" an
Kanzler Wolfgang Schüssel bot dem Bundespräsidenten die "vertrauensvolle Zusammenarbeit" der Bundesregierung an. NR-Präsident Andreas Khol betonte, er vertraue darauf, dass Fischer "über den Parteien und über der Tagespolitik" stehen werde.
Die Feierlichkeiten zum Amtsantritt waren nach dem Tod Klestils auf das Wesentlichste reduziert worden.