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Fischler plant neuen Referenzpreis der EU-Zuckermarktordnung

Von Christine Zeiner

Europaarchiv

EU-Agrarkommissar Franz Fischler möchte ein Jahr bevor die EU-Zuckermarktordnung ausläuft ein neues Zuschusssystem einführen. Der Interventionspreis von 632 Euro pro Tonne, mit dem die EU die Hersteller stützt und den Binnenmarkt gegen Importe vom Weltmarkt abschottet, soll fallen und durch einen um ein Drittel niedrigeren Referenzpreis ersetzt werden. Die Zuckerpreise könnten um 40% sinken.


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Derzeit zahlen die Konsumenten im Schnitt 1 Euro pro Kopf und Monat mehr als auf einem theoretisch freien Markt. Gleichzeitig drücken die gestützten EU-Zuckerexporte den Weltmarktpreis: Die zugeteilten EU-Quoten übersteigen den Bedarf des Binnenmarktes. Der überschüssige Teil der EU-Zuckerproduktion wird - gestützt durch Subventionen - am Weltmarkt angeboten. Zuckerbauern anderer Länder sind mit einem Preisverfall konfrontiert.

"Es ist prinzipiell gut, wenn die EU aufhört, subventionierte Zuckerrüben zu Dumpingpreisen auf dem Weltmarkt zu verkaufen und damit lokale Märkte und Existenzen von Kleinbauern zerstört", meint auch Leon Lenhart, Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation Fair Trade, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Eine Liberalisierung sollte seiner Ansicht nach mit "Augenmaß" geschehen, sonst, erklärt er, "schlägt das Pendel in die andere Richtung aus." Dann könnten Arbeitsplätze der europäischen Rübenbauern auf dem Spiel stehen ohne, dass Kleinbauern im Süden geholfen wäre. In Österreich leben derzeit etwa 10.000 Familien von der Zuckerproduktion.

Die starke Zuckerlobby hat bisher verhindert, dass die Zuckerpolitik der EU geändert wird. Moderate Töne hörte man vor einiger Zeit von der Vereinigung österreichischer Rübenbauernorganisationen: Profiteure einer "ungebremsten" Marktöffnung würden ausschließlich die Zuckerbarone in einigen Ländern sein, wo die Produktion unter Missachtung aller Umweltregeln und durch Ausbeutung von Landarbeitern betrieben würde. "Wir wollen nicht, dass es beim Zucker soweit kommt, wie beim Kaffee: Wenige Konzerne dominieren den Markt", erklärte Hermann Schultes, Präsident der Rübenbauern.

Johann Marihart, Generaldirektor der Agrana Beteiligungs AG, bezeichnete Fischlers Entwurf als "deutlich überzogen". Sollten die Quoten gekürzt werden, könnte eines der drei Agrana-Werke in Österreich geschlossen werden. "Wir müssen ökonomisch sinnvoll denken", meinte Marihart.

Auch bei Europas größtem Zuckerkonzern, Südzucker, könnten Werke still gelegt werden. Südzucker werde sich auf die "ertragreichsten Rübenanbaugebiete konzentrieren", hieß es.

Die EU-Kommission wird voraussichtlich am 14. Juli über die Vorschläge entscheiden, die anschließend von den EU-Agrarministern werden müssen.

Landwirtschaftsminister Josef Pröll lehnt die Pläne Fischlers ab, der Entwurf gehe "in der Frage der Quoten- und Preiskürzungen absolut zu weit".