Um bei den Verhandlungen innerhalb der WTO (World Trade Organization) zu bestehen, ist eine Agrarreform unumgänglich, dessen ist sich EU-Kommissar Franz Fischler sicher. Das nun vorliegende Reformpaket ist eine abgeschwächte Variante der ersten Version aus dem Sommer. Dadurch fällt die Kritik der Bauernvertreter etwas milder aus, die Umweltschutzorganisationen hingegen zeigen sich sehr enttäuscht.
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"Der jetzt präsentierte Vorschlag erfüllt nicht unsere Erwartungen, die im Juli erzeugt wurden". Für Iris Strutzmann, Agararexpertin bei Global 2000, ist die Reform ein "alter Hut mit neuer Schleife". Denn der Agrarkommissar verkaufe schon längst geltende Gesetze im Umweltbereich als Innovation. Fischler, mit diesem Vorwurf konfrontiert, gibt zu, dass im Bereich der Cross-Compliance-Bedingungen vieles schon geltendes Recht sei. Dieses werde jedoch, so Fischler, von den wenigsten Staaten berücksichtigt. Die Nitrat-Richtlinie beispielsweise werde von 13 Staaten ignoriert. In einem Vertragsverstoß-Verfahren müssen sich die 13 nun vor dem EuGH rechtfertigen.
Die Innovation bei den Umweltstandards bestehe folglich nicht in strengeren Auflagen, sondern darin, dass sie künftig für die Landwirte verpflichtend gelten und kontrolliert würden. Fischler: "Was wir einführen wollen, ist ein neuer Sanktionsmechanismus mit direkten Durchgriffsmöglichkeiten." Eine Verbesserung zum bisherigen System erkennt Strutzmann darin, dass Landwirte künftig einen Teil der Förderungen zurückzahlen müssen, wenn sie gegen die Umwelt- und Lebensmittel-Standards verstoßen. Das Problem aus Sicht des Umweltschutz-Dachverbandes "Friends of the Earth", dem auch Global 2000 angehört: An den unzureichenden Minimalstandards wurde auch diesmal nicht gerüttelt. Ein Mehr an Umwelt- und Tierschutz sowie Lebensmittelsicherheit sei dadurch nicht gegeben. Global fordert deshalb ein "Nachschärfen". Auch wird die Abschaffung der nach wie vor unangetasteten Exportsubventionen verlangt.
Positiv beurteilt Strutzmann das Verbot Weideland in Ackerland umzuwidmen. Damit könne der weiteren Intensivierung der Landwirtschaft entgegengewirkt werden.
Während die deutschen Bauern auf Konfrontationskurs gehen, gesteht der heimische Bauernbund dem neuen Entwurf Verbesserungen zu. Besonders erfreut ist man über die Verlängerung der Milchquoten. Dadurch steht allerdings weniger Geld für die "ländliche Entwicklung" zur Verfügung.
Eigentlich war vorgesehen, dass 20 Prozent der Direktzahlungen in die Förderung der ländlichen Entwicklung umgeschichtet werden, jetzt sind es nur noch 6 Prozent. Für die Global-Expertin ist damit klar, dass für den biologischen Landbau nicht mehr Geld zur Verfügung steht. Ebenfalls enttäuschend findet sie das Fallen der 300.000 Euro Obergrenze für Förderungen. "Ein Kniefall vor der Agarlobby, die sich gegen die Idee der Verteilungsgerechtigkeit durchgesetzt hat."
Dem Herzstück der Reform, der Entkoppelung der Förderungen von der Produktion, können die Umweltschützer etwas abgewinnen. "Ein richtiger Schritt." Der nur dann sinnvoll wird, wenn es strengere Umweltauflagen gibt. Sonst bestehe die Gefahr - da ja künftig auch die Mengenbeschränkungen fallen - einer Intensivierung der Landwirtschaft.