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Fiskalrat drängt auf Strukturreformen

Von Martina Madner

Politik

Das Gremium fordert Bund, Länder und Gemeinden zu "wirklichen" Reformen und damit geringeren Ausgaben auf.


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Sollte sich die Regierung vom Fiskalrat Lob erwartet haben, wurde sie enttäuscht. Das Gremium, das die Auswirkungen der Finanzpolitik auf den künftigen Staatshaushalt überprüft, stellt eine "expansive Fiskalpolitik" fest. Fiskalrat-Büroleiter Bernhard Grossmann stellt zwar ein hohes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) fest, "das aber nur inflationsbedingt": "Zwar werden Maastrichtkriterien eingehalten, der Budgetpfad zeigt aber keine wirkliche Verbesserung des Haushalts."

"Wenn man nur auf die Zahlen schaut, geht das Defizit zurück", erklärt auch Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt. Das Bild sei aber "trügerisch". Die Einnahmenseite entwickle sich nur kurzfristig positiv durch mehr Umsatz- und Lohnsteueraufkommen, auch durch die sogenannte "Übergewinnsteuer". Mit dem Abschaffen der kalten Progression fehlten aber zunehmend Steuereinnahmen, vor allem gegenüber den demografiebedingt wachsenden Ausgaben bei der Pflege und im Gesundheitsbereich, aber auch bei den Pensionen.

Mit Blick auf die kommenden Finanzausgleichsverhandlungen warnt Badelt: "Das bei den Finanzausgleichsverhandlungen im Vorfeld ausschließlich von den zusätzlichen Belastungen der Länder und Gemeinden geredet wird, niemand aber von Strukturreformen, stimmt mich bedenklich. Es kann nicht sein, dass wirkliche Reformen wieder auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden."

Budgetdefizit sinkt 2023 von 3,2 auf 2,0 Prozent

Tatsächlich prognostiziert der Fiskalrat, dass sich der Finanzierungssaldo verbessert: Heuer soll das Budgetdefizit, also alle Einnahmen mit allen Ausgaben gegengerechnet, minus 3,2 Prozent des BIPs ausmachen. Im kommenden Jahr verringert sich das Defizit auf minus 2,0 Prozent. Die Staatsschuldenquote von 78,2 Prozent 2022 sinkt im kommenden Jahr auf 76 Prozent des BIPs.

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Das Anschaffen einer strategischen Gasreserve kostete heuer 3,8 Milliarden Euro. Der von der Regierung angekündigte, beschlossene oder bereits ausbezahlte Ausgleich gegen die Teuerung kostet heuer insgesamt 6,6 Milliarden Euro: 2,8 Milliarden davon machen Antiteuerungs- und erhöhter Klimabonus aus. 880 Millionen Euro kosteten die Einmalzahlungen insbesondere für Menschen in Pension oder mit Ausgleichszulage, Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe; 845 Millionen Euro das Energiepaket mit der Entlastung für die Pendlerinnen und Pendler. Im kommenden Jahr sind es weitere 5,9 Milliarden Euro für solche Maßnahmen. In der Langfristplanung bis 2026 sinken diese auf null ab.

Anders entwickeln sich die Kosten struktureller Maßnahmen, die heuer noch 180 Millionen Euro kosten. Die neue jährliche Wertanpassung von Familien- und Sozialleistungen und vor allem die Abschaffung der kalten Progression im kommenden Jahr kosten dann bereits 2,6 Milliarden Euro. Bis 2026 steigt dies auf 10,7 Milliarden Euro an. Dazu kommen heuer 2,9 und 2023 rund 4,0 Milliarden Euro für die ökosoziale Steuerreform.

Die oftmals als Übergewinnsteuer bezeichneten vorübergehenden Energiekrisenbeiträge auf Strom und fossile Energieträger spülen 2023 2,8 Milliarden Euro und 2024 nochmals 300 Millionen Euro in die Staatskasse.

Badelt: "Fiskalischen Spielraum zurückgewinnen"

Der Fiskalrat stellt also fest, dass die teuren Covid-19-Maßnahmen durch die Steuerreform und die Antiteuerungspakete kompensiert werden.

Badelt rät dazu, "extrem vorsichtig" zu sein mit "Maßnahmen nach dem Gießkannenprinzip": "Es braucht viel zielgerichtetere Maßnahmen. Und es geht um eine ernsthafte Evaluierung", sagt der Präsident des Fiskalrats. Letztere wäre schon bei den Covid-Hilfen sinnvoll gewesen, aber nicht nur das: "Wir müssen langsam, aber sicher fiskalischen Spielraum zurückgewinnen, dazu brauchen wir einen Gesamtplan."

Krisenmaßnahmen, insbesondere solche, die langfristig und strukturell wirken, müssten gegenfinanziert werden. In den Empfehlungen des Fiskalrats sind Investitionen in die grüne und digitale Transformation genauso wie eine Bildungs- und Qualifizierungsoffensive enthalten. Außertourliche Pensionserhöhungen sollten demnach vermieden werden.

Potenzial sieht Badelt bei den Finanzausgleichsverhandlungen: Für eine Aufgabenreform, für die Entflechtung innerstaatlicher Transfers, für eine stärkere Abgabenautonomie der Länder und Gemeinden und für eine Förderungsstrategie - also "strukturelle Reformen, die mittelfristig notwendig sind", gibt er den politisch Verantwortlichen mit auf den Weg.