"Werden dauerhafte Wiedergaben erstellt, so sind diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen." Der kleine kryptische Nebensatz aus der jüngsten Novelle zur Bundesabgabenordnung macht derzeit | die heimischen Wirtschaftstreuhänder fuchsteufelswild. Bedeutet er doch in der Praxis, daß die Finanzbehörden alle Buchhaltungsauswertungen nicht bloß papiermäßig, sondern auch auf Datenträgern | abverlangen können. Müssen also die Buchhaltungsaufschreibungen künftig auch auf Disketten oder CDs aufbewahrt werden?
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 26 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die durch das Abgabenänderungsgesetz 1998 vorgesehene Novelle zur Bundesabgabenordnung (BAO) formulierte es in ihrer ursprünglichen Fassung sogar noch schärfer.
Der Wunsch des Fiskus ist dabei nicht unverständlich. Immer mehr steuerliche Betriebsprüfer rücken mit gut programmierten Notebooks an, bestückt mit amtlicher Prüf-Software, und wollen die Daten der
geprüften Firmen in ihr eigenes System einspeichern. Was den Prüfungsvorgang in vielfacher Weise durchleuchtbarer und hinsichtlich der Vergleichszahlen leichter analysierbar macht.
7 Jahre Aufbewahrung
für Disketten?
In nicht sehr bürgerfreundlicher Diktion formulierte das Finanzministerium im Begutachtungsentwurf zur BAO- Novelle den Befehl, daß alle Steuerzahler auf Verlangen der Finanzbehörden Daten auf
Datenträgern zur Verfügung stellen müßten. Womit gleichzeitig gesagt wurde, daß für die entsprechenden Datenträger auch die siebenjährige Aufbewahrungspflicht zu gelten habe.
In den amtlichen Erläuterungen liest sich das ein bißchen sperrig: "Aus der Erweiterung der eingangs genannten Pflichten resultieren entsprechende Vorsorgepflichten, nämlich bei Verwendung von
Datenträgern für die Führung von Büchern und Aufzeichnungen sowie für die Aufbewahrung von Unterlagen die Vorkehrungen zu treffen, um auf Verlangen der Abgabenbehörde die Daten auf Datenträgern (z.B.
Disketten) zur Verfügung stellen zu können".
Treuhänder gegen
Mehraufwand
Nach Bekanntwerden dieses Ukas brach der Sturm los. Die Wirtschaftstreibenden und ihre Berater erinnerten daran, daß die Zeiten der Handbuchhaltungen schon vergangen seien und daß neuzeitliche
Buchhaltungen · insbesonders wenn sie extern in den Kanzleien der Wirtschaftstreuhänder erarbeitet würden · fast nur mehr auf Datenträgern gespeichert werden. Ein Datenausdruck wird vielfach
in größeren Perioden meistens jährlich vorgenommen und dient der Dokumentation und Aufbewahrung. Bei zusätzlicher Aufbewahrungspflicht für die entsprechenden Speichermedien müßten auch gleich die von
den Firmen verwendeten EDV-Systeme funktionsfähig aufbewahrt werden, was unzumutbar sei, meinen die Treuhänder.
Grazer Finanz
als Vorreiter
Tatsächlich haben sich aber heimische Finanzbehörden, vor allem in Graz, schon bisher auf den gesetzlich nicht gedeckten Standpunkt gestellt, buchhalterische Datenträger (und wohl auch ihre
Auswertungssysteme) seien während der gesetzlichen Frist aufzubewahren und auf Anforderung zwingend an die Steuerprüfer auszufolgen.
Die massive Entrüstung der Treuhänder hat das Finanzministerium zu einem leichten Einlenken bewogen, das sich in der Regierungsvorlage zur BAO-Novelle nun wiederspiegelt. Der bezügliche Novellentext
wurde abgeschwächt, aber im Effekt beibehalten und auf den am Anfang zitierten Einleitungssatz reduziert.
Umfassende Datenträger-
Einsicht
"Die Pflicht, auf Verlangen der Abgabenbehörden Daten auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen, trifft jeden, soweit er zur Einsichtgewährung verpflichtet ist", heißt es in den
Erläuterungen zur Regierungsvorlage. Solche Einsichtspflichten bestehen nicht nur bei einer "normalen" betrieblichen Steuerprüfung, sondern bereits bei Vorhaltsverfahren, bei der amtlichen
Auskunftseinholung, bei der bloßen Nachschau und sogar bei der Zeugeneinvernahme.
Schätzung bei
Nichtbeachtung
Die jetzt unter dem Titel "Erweiterung der Mitwirkungspflichten des Steuerzahlers" verlangte Datenbereitstellung an den Fiskus bedeutet für die Firmen und ihre Berater trotz aller amtlichen
Beschwichtigungen zusätzliche administrative Vorsorgen, um auf Verlangen der Steuerbehörde alle in Frage kommenden Daten auf Datenträgern (z.B. Disketten) zur Verfügung stellen zu können. Was im
Falle der Nichtbefolgung oder Unmöglichkeit (aus welchem Grunde immer) zu unangenehmen Reaktionen der Prüfer bis hin zu Ergebnisschätzungen führen kann.
Verpflichtung ohne
Übergangsfrist
Eine "Spezialität" der Novelle liegt übrigens auch in ihrem Inkrafttreten. Ein entsprechender Zeitpunkt ist nicht angegeben, was bedeutet, daß es keine Übergangsfrist gibt und die neue gesetzliche
Verpflichtung praktisch mit der Veröffentlichung in Kraft tritt. Was die EDV-Leute im Rechnungswesen erst recht in Rotation versetzen dürfte.