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Flash statt Clash of Civilizations

Von Bernhard Löhri

Gastkommentare
Bernhard Löhri absolvierte die Wirtschaftsuniversität Wien, das Hernstein-Institut und die Politische Akademie der ÖVP. Experten-Mandate als Polit-Analyst am Westbalkan mit Nation-Building und Einfluss von Religion auf Politik, Gesellschaft und Wirtschaft.

Eine fundierte Analyse der gesellschaftspolitischen Implikationen von Religionen auf unser Leben ist erforderlich und muss über die mediengerechte Frage "Wieviel Religion darf im Kindergarten sein?" oder "Rechtsstaat darf nicht in Frage gestellt werden" hinausgehen.


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1996 ist Samuel Huntingtons Werk "The Clash of Civilizations" erschienen, das nachhaltige Konflikte zwischen der westlichen Zivilisation und dem chinesischen sowie dem islamischen Kulturraum prognostiziert. Die Konfrontation Westen-Islam fordert uns im Rahmen von Migration, Flüchtlingsbewegung und Terror.

Eine fundierte Analyse der gesellschaftspolitischen Implikationen von Religionen auf unser Leben ist erforderlich und muss über die mediengerechte Frage "Wieviel Religion darf im Kindergarten sein?" oder "Rechtsstaat darf nicht in Frage gestellt werden" hinausgehen.

Theologen und Kirchenführer einerseits und Politiker und Sozialwissenschaftler andererseits sind um Diskussionsbeiträge bemüht: Manchmal kann ein Rollentausch beobachtet werden, dass Theologen bemühte Politikwissenschafter sein wollen und Politiker sich auf salbungsvolle Worte beschränken à la: "Wir müssen alle lieb zueinander sein." Sich zusammenzusetzen erfordert in vielen Fällen auch ein simultanes sich Auseinandersetzen, dieser Dialektik hat man sich zu stellen.

Das Politik-Konzept des Islam und übrigens auch des Judentums sind sehr stark religiös determiniert und auch im nachhaltigen Konflikt untereinander. Ein historischer Fortschritt der Verständigung von Judentum und Christentum wiederum kann im Dezember 2015 ausgemacht werden; Vatikan und orthodoxe Rabbiner machten einen gewaltigen Schritt aufeinander zu. Das jüdische Dokument überrascht mit einem positiven Grundton und brachte eine "theologische Würdigung" des Christentums, das weder ein "Unfall" noch ein "Irrtum" sei, sondern "Geschenk Gottes an die Völker". Das Konzilsdokument "Nostra Aetate" über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen wurde konkretisiert und die Nähe des Christentums zum Judentum, aus dem es herauswuchs, betont.

Der Islam ist mehr als eine Religion mit Vorschriften zum Umgang mit Mensch und Tier, zur Zubereitung von Speisen, zur Regelung von Bankgeschäften und Versicherungsprodukten. Die Nichteinhaltung der subjektiv göttlichen Bestimmungen öffnet Protest in allen Formen, ja, sie öffnet die Tür bis zum Terrorismus.

Jesus von Nazareth ist in allen drei Religionen anerkannt: Der mosaische Dekalog und die Worte "Gebt Gott, was Gottes ist, und dem Kaiser, was des Kaisers ist", die im Matthäus-Evangelium zitiert werden, können als Aufforderung zur Kreation säkularer Strukturen angesehen werden. Diese Evangeliumsstelle ist ein Kompetenz-Kompetenz-Paragraph, der den Nationalstaat erst ermöglicht hat. Die Christ-Demokratie ist ein Versuch, weltliche Strukturen nach einem Leitbild zu gestalten.

Ein "Flash of Civilizations" sollte die muslimische Theologie ermuntern, den Prozess zur Neu-Interpretation mancher Koran-Aussagen zu wagen und sich dabei auf den im Islam anerkannten Propheten Jesus von Nazareth zu beziehen.