Den 700 heimischen Fleischhauern steht das Wasser bis zum Hals, sie kämpfen ums Überleben. Im zweiten Quartal 2004 mussten die Betriebe einen Umsatzrückgang von 37% hinnehmen, im selben Quartal des Vorjahres gab es bereits einen Einbruch von 18,3%. Die großen Supermärkte sind die Nutznießer dieser für die Fleischer bedrohlichen Entwicklung.
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"Der Fleischkonsum ist nicht gesunken", betont Georg Toifl, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk. Doch die Konsumenten würden ihren Bedarf verstärkt in den Supermärkten abdecken. Vor zehn Jahren gab es zum Beispiel in Wien noch 850 Fleischer, jetzt sind es nur 200.
Der Wiener Innungsmeister Erwin Fellner, Spezialfleischer in Brigittenau, bestätigt gegenüber der "Wiener Zeitung" den traurigen Trend. Sein Geschäft habe im letzten Quartal einen Umsatzrückgang von "nur" 8% gehabt und für ihn sei Hoffnung in Sicht. Für manchen Kollegen sei die Situation jedoch bedrohlich.
"Ich kann überleben, weil ich mir Marktnischen gesucht habe. Wir bieten eine vielfältigere Produktpalette an als die Supermärkte. Unsere Krakauer zum Beispiel hat nur 4% Fett," so Fellner. Es sei für viele Gewerbebetriebe tödlich, dass bei der Stadtplanung auf die Nahversorger keine Rücksicht genommen werde. So habe die Millenium City in der Brigittenau den gewachsenen Einkaufsvierteln das Wasser abgegraben. Ähnliches drohe in Favoriten, wo ein Einkaufszentrum beim Columbusplatz gebaut wird. Von den Politikern, kritisiert Fellner, gebe es nur Lippenbekenntnisse.
Auch andere konsumabhängige Branchen kämpfen, im Schnitt verloren alle 13% vom Umsatz. Im Bekleidungsgewerbe war es ein Minus von 18% , bei den Bäckern 5%.
Das Baugewerbe profitiert leicht davon, dass es mehr Aufträge von Privaten bekommt. Diese können sogar den Einbruch der öffentlichen Aufträge wettmachen, die um 23% zurückgegangen sind.
Toifl kritisiert im Zusammenhang mit dem Rückgang öffentlicher Aufträge auch die Bundesbeschaffungsagentur, die bei ihren Ausschreibungen kleineren Betrieben keine Chance lasse. "Es wird an der Struktur der österreichischen Wirtschaft vorbeibeschafft." Nur große Unternehmen hätten die Chance, einen Auftrag zu ergattern, weil die Kooperationen mehrerer Klein- und Mittelbetriebe nicht erwünscht seien.
Das Stimmungsbarometer der österreichweit 60.000 Handwerks- und Gewerbebetriebe zeigt laut KMU-Forscher Walter Bornett jedoch nach oben: Im nächsten Halbjahr sollen zusätzlich 22.000 Mitarbeiter aufgenommen werden, derzeit sind 560.000 beschäftigt. Von der steigenden Kaufkraft in den neuen EU-Ländern könnte Österreichs Gewerbe profitieren.