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Fliegender Wechsel zur Tyrolean

Von Karl Leban

Wirtschaft
AUA-Präsident Stefan Lauer hat am Donnerstag mit seinem Sanktus Nägel mit Köpfen gemacht.

AUA-Aufsichtsrat gibt sein Okay für umstrittenen Betriebsübergang. | Austrian Airlines und Tyrolean wickeln Flugbetrieb künftig gemeinsam ab.


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Wien. Es war der letzte Baustein des 220 Millionen Euro schweren Sanierungspakets, der nun gelegt ist. Wie bereits seit Wochen zu erwarten war, hat der Aufsichtsrat der chronisch defizitären AUA am Donnerstag grünes Licht für den "Zwangsabflug" der Austrian-Airlines-Piloten zur Tyrolean gegeben. Bei der Innsbrucker Regionaltochter sind die Kosten für das Bordpersonal nach dem dortigen Kollektivvertrag (KV) um bis zu ein Viertel günstiger. Nachdem es im Streit um einen neuen, billigeren AUA-KV zu keiner Einigung gekommen ist, muss jetzt wie angedroht Plan B herhalten.

Der Zwangsumstieg in den Tyrolean-Vertrag erfolgt über einen Betriebsübergang, der aus rechtlichen Gründen frühestens am 1. Juli wirksam werden kann. Dabei wird der Flugbetrieb der AUA auf die Tyrolean übertragen. Mit der Entscheidung, den Betriebsübergang durchzuziehen, "befreit sich die AUA von strukturellen Altlasten", betonte deren Chef Jaan Albrecht. "Sie gibt uns zudem eine Zukunftsperspektive in der Luftfahrt, weil wir wettbewerbsfähiger aufgestellt sein werden." Nun sei für die AUA ein "Happy End" in Sicht, so Albrecht weiter. "Der Betriebsübergang ist überlebenswichtig."

Für die Kunden soll sich durch den gemeinsamen Flugbetrieb von AUA und Tyrolean nichts ändern. "Austrian Airlines bleibt Austrian Airlines - mit einer Flotte von 77 Flugzeugen, die weltweit 130 Destinationen anfliegt", so Albrecht.

Der Wechsel in den günstigeren Tyrolean-KV, der 600 AUA-Piloten und 1500 -Flugbegleiter betrifft, ermöglicht der rot-weiß-roten Airline nachhaltige Einsparungen von rund 45 Millionen Euro, die laut Vorstand über abgeflachte Gehaltsanstiege erzielt werden. So werden die AUA-Crewgehälter jetzt eingefroren und die Betroffenen werden flexibler arbeiten und länger fliegen müssen. Mit den gestrigen Entscheidungen entfallen vor allem aber teure Automatismen und Pensionsprivilegien. Bisher hatte das die AUA-Piloten im Vergleich zu ihren Tiroler Kollegen wesentlich teurer gemacht.

Juristische Schlammschlacht?

Den Betriebsübergang selbst wollen die Belegschaftsvertreter der fliegenden AUA-Mitarbeiter nicht ohne Weiteres hinnehmen. Schon im Vorfeld des jetzigen Beschlusses hatten sie angekündigt, die AUA mit Klagen einzudecken. Dafür haben sie sich bereits mit einem Gutachten "bewaffnet", das die von der Arbeitgeberseite eingeholten Rechtsexpertise widerlegen soll.

"Änderungskündigungen wird es nicht geben", versuchte AUA-Vorstand Peter Malanik am Donnerstag zu beruhigen. Wohl aber könnten AUA-Piloten wegen des Betriebsübergangs von einem privilegierten Austrittsrecht Gebrauch machen, also ihre Abfertigung in voller Höhe kassieren und gehen. Albrecht sprach von 40 AUA-Piloten, die beim Übergang nicht dabei sein wollen. Sie hätten dem Unternehmen bereits den Rücken gekehrt. Der AUA-Chef rechnet damit, dass es noch einige mehr werden.

Sollten zu viele Piloten auf einmal gehen, würde die AUA auf Leasing- oder auch auf Piloten ihrer deutschen Mutter Lufthansa zurückgreifen können. Außerdem sind gerade derzeit viele Piloten auf dem Arbeitsmarkt.

Dass es 200 bis 300 AUA-Piloten sein könnten, die gehen, wie der AUA-Bordbetriebsrat vor wenigen Wochen gewarnt hat, wird von Insidern stark bezweifelt. Da ist vielmehr von maximal 100 die Rede.

Das Hauptproblem für Abwanderungswillige: "Als gut ausgebildeter und erfahrener Pilot sollte man zwar schnell wieder einen neuen Job kriegen, aber nicht zu Hause", so ein Branchenkenner. Vor allem im arabischen Raum - etwa bei boomenden Fluglinien wie Emirates, Quatar und Etihad - würden "Piloten ohne Ende gebraucht", aber auch in Südostasien. In diesen Regionen zu arbeiten, bedeute zwar üppige Gagen und meist sogar eine eigene Villa samt einem Chauffeur. Allerdings lebe man dort wie in einem Ghetto, was die meisten Piloten aus dem Ausland höchstens fünf Jahre aushalten würden. "Man verdient sehr viel, muss aber bereit sein, die Wurzeln in der Heimat zu kappen", erklärt ein Insider aus dem Umfeld der AUA im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Auch in Europa gebe es aufgrund von Fluktuation immer wieder Bedarf an Piloten. Aber dieser sei im Vergleich zu Boomregionen wesentlich kleiner.