Zum Hauptinhalt springen

Florida -ein Ausflug in den Sunshine State

Von Silvia Lahner

Wissen

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Florida ist jener amerikanischen Bundesstaat, dessen Straßen im Norden von Eichen und im Süden Palmen gesäumt werden, der "Sunshine-State", der klimatisch wie kulturell als Brücke zwischen Nordamerika und der Karibik gesehen werden kann. Bevölkert von Nachfahren der Seminolen, von Exilkubanern, von winterflüchtigen Senioren aus dem Norden des Landes, den Snowbirds und zwischen Weihnachten und Ostern von Touristen aus aller Welt.

Erste Station ist Miami. Wie jede Großstadt hat auch Miami mit den weniger attraktiven Seiten eines urbanes Ballungsraumes zu kämpfen. Vor dem Hintergrund von Arbeitslosigkeit, teilweise illegaler Zuwanderung und sozialer Spannungen hatte sich ein nicht ungefährliches Konfliktpotential in manchen Vierteln der Stadt entwickelt. Nun zählt aber die Tourismusindustrie zu einer der wichtigen Einnahmequellen des Bundesstaates.

Mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen rund um das Flughafengelände und detaillierten Informationen für Benutzer von Mietwagen reagierte man auf die schon mehrere Jahre zurückliegenden Übergriffe auf Touristen. Seit dem 11. September 2001 beginnen die strengen Sicherheitskontrollen bereits im Gebäude des Miami Airport. Aber spätestens wenn man hinter dem Volant seines angemieteten Fahrzeuges gelandet ist, kann die Reise beginnen.

Easy Living

Walt Disneys Welt, seit 1971 erstes magisches Königreich der Unterhaltung im Südosten der Vereinigten Staaten; das Kennedy-Space-Center - Raketenbahnhof und Ausflugsziel an der Atlantikküste; die dressierten Delphine der Seaworld oder die U-Bahn-Fahrt direkt ins Erdbeben - inszeniert auf dem Gelände der Universalstudios. Mit derlei Attraktionen auf Hochglanzpapier dokumentiert, wirbt Florida um seine Besucher.

Für das Image vom Sunshine State mit hohem Unterhaltungswert sorgen unter anderem 2.400 Kilometer Küstenlandschaft, eine rekordverdächtige Ansammlung von Themenparks und der Mythos vom "Easy Living".

"In Florida ist alles entspannter", diagnostiziert Denis, ein Illinois-flüchtiger Amerikaner, den das warme bis tropische Klima Floridas schon vor 25 Jahren angelockt hat. Mittlerweile lebt er nahe von Cocoa Beach und fährt Touristen durch das Marschland rund um den St. Johns River. Kein Vergleich mit dem dann doch hektischen Leben in Illinois, versichert Denis.

Entlang des Tamiami-Trails

Florida beginnt dort, wo man die großen Städte und Hauptverkehrsadern bereits hinter sich gelassen hat. Dort, wo alles wie ein Experiment mit der Natur und ihren Launen zu wirken scheint. Beispielsweise rechts und links vom so genannten Tamiami Trail, jener Verbindung zwischen Miami und der an der Westküste gelegenen Stadt Tampa.

1928 wurde diese Straße vom Atlantik zum Pazifik, entlang der Everglades, fertig gestellt. Nahe dieser heute vom ökologischen Standpunkt her sehr umstrittenen Querverbindung, die - schnurgerade - Sumpflandschaften und Wasserläufe durchschneidet, sind mit der Zeit einige Siedlungen entstanden. Gleich neben dem Shark Valley, am Nordrand des Everglades National Park, findet man das Miccosukee Village. Eines jener Dörfer, in dem die Indianer dieser Region - den alten Tradition gehorchend - zu leben versuchen. Mit Schilf bedeckte Holzhütten, einer Feuerstelle als Zentrum und Alligatoren-Shows zur Erbauung der Gäste.

Im Reich der Miccosukee

Die Miccosukees gehören im weitesten Sinn zur Familie der Seminolen - jenem Stamm, der in drei Kriegen gegen die weißen Siedler im 18. und 19. Jahrhundert um den Verbleib in der Heimat kämpfte. Das Ergebnis: 1911 wurden ihnen schließlich von der Regierung Reservate als Bleibe zugewiesen. Heute leben die Indianer hauptsächlich entlang des Tamiami Trails.

Die Befreiung von der Tabaksteuer und die Erlaubnis, Bingohallen zu betreiben, bieten die Grundlage zu einer zumindest teilweisen finanziellen Autonomie. Und im Miccosukee-Dorf kann "Ya-Ate-Not-Key", der weiße Mann, nicht nur Holzpuppen, rotgelbe Röcke und Schmuck aus Knochen und Perlen, sondern auch etwas von der Lebensphilosophie der Ureinwohner dieser Region mit nach Hause nehmen. "Wir Indianer haben diesen Kontinent über tausende von Jahren bewohnt, aber wir haben nie mehr von den natürlichen Ressourcen genommen, als für unser Überleben nötig war", beschreibt Ronnie vom Miccosukee Village die Beziehung der Indianer zur Erde und zu den Lebewesen, die sie bewohnen.

Kein Baum wurde gefällt, weil er im Weg war, kein Tier erlegt aus Spaß am Töten. Den weißen Siedlern und später den Regierungsvertretern, so meint der junge Indianer, hat es zumeist an Phantasie gefehlt, um die Welt aus der Perspektive der Indianer wahrzunehmen. In der Sprache der Miccosukee gibt es kein Wort für "Hallo" oder "Auf Wiedersehen" - eine Form von Kontinuität und Sein, die den Besuchern des Miccosukee-Dorfes merkbar fremd ist.

Und auch das Wort "Vorurteil" findet nach Ronnies Auskunft keine Entsprechung in der Sprache seines Volkes. Den Miccosukees allerdings wohl bekannt sind die Airboats, jene propellerbetriebenen Schiffe mit flachem Rumpf, die problemlos lautstark durch das Sumpfland brausen.

Mit Propellern über das Wasser

"Durch die Propeller an der Rückseite des Schiffes entsteht ein ziemlicher Lärm - wir tragen alle einen Ohrenschutz und empfehlen das auch unseren Kunden", so Denis, Airboat- Kapitän. Beruflich braust er etwas nördlich vom Tamiami Trail durch das Marschland von Florida - um mit seinen Kunden Alligatoren zu beobachten, die friedlicheren Kollegen der Krokodile. Wenn es etwas in der Natur zu sehen gibt, reduziert man natürlich die Geschwindigkeit der Airboats und damit auch den entstehenden Lärm, erklärt Denis.

Grundsätzlich hält er seinen fahrbaren flachen Untersatz durch die hohen Gräser und verwachsenen Wasserwege von Florida als probates Mittel zur Fortbewegung. Bis zu 500.000 Airboote sind heute in Floridas Sumpflandschaft unterwegs. Eine Ausnahme gibt es allerdings - den Everglades National Park.

Vom Lake Okeechobee zum Golf von Mexiko

Bei uns im Nationalpark sind die Airboats verboten, erzählt Ross Geredien. Sie vertreiben nicht nur die brütenden Tiere, sondern können auch die Vegetation empfindlich angreifen. Noch schlimmer als das Airboat schätzt Ross allerdings des Sumpfbuggy ein. Ein Fahrzeug, das mit überdimensionierten Rädern im Wasser wie auch im Sumpfland weiterkommt und schlimmere Spuren im Erdreich hinterlässt.

Ross Geredien ist Ranger in dem 1947 zum Naturschutzgebiet erklärten Everglades National Park. Im Wesentlichen versteht man darunter jenen 80 Kilometer breiten Strom, der sich vom Lake Okeechobee langsam zum Golf von Mexiko bewegt.

Unter den Everglades versteht man einen Fluss, mit Gras durchwachsen ist und vom Regen gespeist wird. Bis zu

100 cm Regen fallen in den regenreichen Monaten und sorgen dafür, dass die Quelle, der Lake Okeechobee, überflutet wird und das Wasser langsam südwärts rinnt.

10.000 Islands

Ross Geredien startet seine Ausflüge in das Reich der 10.000 Inseln in Everglade

City. Eine kleine Stadt, deren Häuser in ihrer Gestaltung vielleicht entfernt an Kleinstädte in New England erinnern möchten.

Eineinhalb Stunden dauert die Tour durch die geheimnisvolle Welt der unzähligen Inseln, die der Küste hier vorgelagert sind. Die Vielfalt dieser Gegend zählt zu den bemerkenswerten Erlebnissen.

Dort gibt es keine spektakuläre Landschaft mit Gipfeln, die man von weitem sehen kann, nur eine flache geheimnisvolle Welt der verborgenen Schätze. Eine Schönheit, die man kennen muss, um sie zu würdigen.