Der südliche US-Bundesstaat hat unter Ron DeSantis die Zensur eingeführt. Schwarze Narrative haben keinen Platz mehr.
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Worum ging es im amerikanischen Bürgerkrieg? Und ja, der ist seit rund 160 Jahren Geschichte. Aber eine Geschichte, die in der gegenwärtigen USA wieder neu verhandelt wird.
Für die Nordstaaten - sowie für den Rest der Welt - ging es im amerikanischen Bürgerkrieg vorrangig um die Abschaffung der Sklaverei.
Für die Südstaaten nicht. Zumindest nicht in deren heutigen Geschichtsinterpretation. Das Unrecht der Sklaverei wird im Unterricht eher unter den Tisch gekehrt. In den 1990er Jahren, erinnert sich der US-Journalist Dustin Rowles, lernten die Kinder, dass der Bürgerkrieg nicht "Bürgerkrieg" heißt, sondern "Krieg zwischen den Staaten", und dass es um die "Rechte von Staaten" ging - eine zentralistische oder föderalistische Ausrichtung. Der Süden wollte einfach nur seine Unabhängigkeit wahren, sich nichts dreinreden lassen. "Wir (der Süden, Anm.) waren David, der gegen Goliath gekämpft hat", schreibt Rowles. In dieser Geschichtsschreibung wird die Konföderierten-Flagge zur liebenswerten "Flagge der Rebellen", zur Identifikation für jene Freiheitsliebenden, die den Mut hatten, sich gegen eine militärische Übermacht aufzulehnen.
Und die Sklaverei? Ja, die gab es schon, auch in den Schulbüchern der Südstaaten. Aber hier wurde mehr von einer friedlichen Koexistenz erzählt. Sklavenhalter wären meist gute Menschen gewesen, Sklaven hätten an der Seite der Südstaaten gekämpft und nach ihrer Befreiung wären die meisten Sklaven freiwillig weiter auf den Plantagen geblieben. Für diese romantisierende Darstellung gibt es aber - abseits von "Vom Winde verweht" - keine Belege. Das Buch von Margaret Mitchell plus der gleichnamige Film ist in den Südstaaten nach wie vor fast so populär wie die Bibel. Dort wird von einfältigen schwarzen Sklaven fabuliert, die froh und glücklich seien, den Weißen zu Diensten zu stehen. Die offiziellen Geschichtsbücher in den 1990er Jahren prägte die Generation, die jetzt in der Politik langsam die Ruder übernimmt - auch und gerade in den Südstaaten. "Wir haben gelernt, dass es im Bürgerkrieg nicht um Sklaverei ging, sondern um die Rechte von Staaten (auch wenn es da eben darum ging, ob ein Staat das Recht hatte, Sklaverei zu erlauben)", schreibt Rowles. Es wurde die Verherrlichung einer David gegen Goliath-Geschichte gelehrt, bei der David beinahe gewonnen hätte.
Keine historische Benachteiligung?
Das bringt uns zum aktuellen Thema: Wurden und werden Schwarze strukturell in den USA benachteiligt? Floridas konservativer Gouverneur Ron DeSantis, der sich nun um das US-Präsidentenamt bemüht, meint: Nein. Und er verbittet sich auch jeden Hinweis, dass es nicht so wäre.
DeSantis ist im selbstproklamierten Krieg gegen die "politische Korrektheit". Das betrifft nicht nur seinen oft zitierten Feldzug gegen Homosexuelle und Transgender, sondern genauso auch gegen Schwarze oder andere Minderheiten. Schwarze Literatur und Geschichtsbücher werden zensiert. Programme werden gestutzt. Denn, man wolle den weißen Kindern keinen Selbsthass einimpfen, so das Argument.
Dass Benachteiligung strukturelle Ursachen hat, dass Minderheiten damals wie heute schwieriger an Kredite herankommen, das darf alles nicht ausgesprochen werden. Ein Elternteil reicht, damit Bücher verboten werden - vergangene Woche wurde öffentlich, dass es unter anderem einen Gedichtband von Amanda Gorman betroffen hat. Sie ist keine Unbekannte: Die junge afroamerikanische Poetin hat bei der Inauguration von Joe Biden vor der ganzen Welt ihr Gedicht "Den Hügel hinauf" ("The Hill we climb") vorgetragen, ein Werk, in dem es um Hoffnung trotz aller Hindernisse geht.
Darin seien "indirekte Hassbotschaften" enthalten, fand eine Mutter eines Kindes beim Bob Graham Education Center in Miami. Andere Bücher, die ebenfalls gesperrt wurden, haben vielsagende Titel wie "Das ABC der Schwarzen Geschichte" und "Kubanische Kinder".
Die amerikanische Bürgerrechtsorganisation NAACP (National Association for the Advancement of Colored People) hat vergangene Woche eine formale Reisewarnung für Florida herausgegeben hat. Die Reisewarnung sei eine "direkte Antwort auf die aggressiven Versuche von Gouverneur Ron DeSantis, die Schwarze Geschichte auszulöschen und die Programme für Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion an den Schulen Floridas zurückzudrängen".
Für NAACP-Präsident Derrick Johnson ist Florida "unter der Führung von Ron DeSantis zu einem Staat geworden, der feindselig gegenüber Schwarzen ist und in einem direkten Konflikt zu den demokratischen Idealen, auf die unser Land gebaut wurde".
Bürgerrechtler klagen Florida wegen Immobiliengesetz
Nachdem die Afroamerikaner historisch schon oft bei ihren Wohngegenden eingeschränkt wurden und sich nicht in "weißen Vierteln" einkaufen konnten, sind in Florida nun andere, Neuankömmlinge, dran: Ein Immobiliengesetz in Florida blockiert den Kauf von Objekten durch Migranten aus China, Kuba, Venezuela, Syrien, Iran, Russland und Nordkorea. Besonders betroffen sind Chinesen.
Die amerikanische Bürgerrechtsorganisation ACLU hat Anfang dieser Woche Florida aufgrund dieses Gesetzes geklagt. Auch Verlage und der PEN-Club klagen den Bundesstaat, weil Kindern unterschiedliche Gesichtspunkte unterschlagen werden, und Autoren ihres Publikums beraubt werden.