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Flucht oder Hunger

Von Siobhán Geets

Politik

Grüne werfen Regierung vor, Gelder für UN-Hungerhilfe zurückzuhalten.


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Wien/New York. Die fehlenden und verspäteten Hilfen für die Hungerhilfe der Vereinten Nationen "World Food Program" (WFP) haben drastische Auswirkungen: Laut dem UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR trägt der Geiz der Staaten bei der finanzellen Hilfe für den WFP dazu bei, dass sich die Lage in Syrien und den Nachbarstaaten verschlechtert und noch mehr Menschen die Flucht nach Europa antreten.

Das betrifft auch Österreich: Von jenen 26 Millionen Euro, die der Staat bis Ende 2016 insgesamt an Hilfen für Syrien, UN-Organisationen und afrikanische Länder geplant hat, sind für das WFP fünf Millionen Euro vorgesehen. Bisher sind jedoch lediglich rund 680.000 Euro überwiesen worden, 420.000 davon für Syrien. Dabei hat der Nationalrat bereits Ende September eine Aufstockung auf das Niveau "Deutschlands und anderer europäischer Staaten" beschlossen. Die Schweiz hat heuer bisher rund 76 Millionen Euro an das WFP überwiesen, Deutschland zahlte 164 Millionen Euro.

"Das ist eine Schande", sagt der Grünen-Politiker Peter Pilz. "Die Regierung weigert sich, dem Auftrag des Parlaments zu folgen." Die Grünen fordern eine Aufstockung der Hungerhilfe auf das Dreifache, also auf 15 Millionen Euro. Wenige Stunden nach Pilz’ Kritik an der verspäteten Auszahlung der Hungerhilfe Österreichs für Syrien im Ö1-Morgenjournal kündigte das Landwirtschaftsministerium an, das Geld bis Ende des Jahres zu überwiesen. Der Antrag für die Freigabe der Gelder werde am Montag an das Finanzministerium geschickt, sagte Sprecherin Natascha Unger der APA. Pilz geht das allerdings nicht weit genug: "Das Geld gehört bis nächste Woche bezahlt, die Menchen verhungern jetzt und nicht Ende des Jahres." Pilz nennt die kommende Woche als "Deadline", "sonst werden wir alle drei, also Außen-, Landwirtschafts- und Finanzminister, zur Verantwortung ziehen".

Für den Grünen sind die verspäteten Zahlungen an das WFP eine "Mischung aus Unverfrorenheit und Dummheit" - jeder Flüchtling, der sich auf den Weg nach Europa macht, koste in Folge deutlich mehr als die Verpflegung in den Nachbarstaaten Syriens. "Ich mache Außenminister Sebastian Kurz persönlich für jeden Flüchtling verantwortlich, der vor dem Hunger nach Österreich flüchtet", findet Pilz drastische Worte.

Am morgigen Mittwoch soll das Thema noch einmal im Budgetausschuss debattiert werden. "Wir werden uns den Außenminister vornehmen und ihm klarmachen, dass er Beschlüsse des Parlaments zu befolgen hat", sagt dazu Pilz, der Sebastian Kurz zudem "sehr schlechtes Benehmen" konstatiert.

"Bürokratisches Gestrüpp"

Laut Ö1-Morgenjournal liegt die Verspätung der Zahlungen am "bürokratischen Gestrüpp" zwischen dem zuständigen Landwirtschaftsministerium und der abwickelnden Austrian Development Agency (ADA). Im Landwirtschaftsministerium betont man, es werde "nicht mehr zu Verzögerungen" kommen. Die Abwicklung über die ADA laufe nun rascher, da die dafür nötige rechtliche Grundlage geschaffen sei.

Doch Pilz bleibt dabei: "Das ist lächerlich. Wenn wir nicht auf diese Missstände hingewiesen hätten, dann wäre gar nichts passiert, dann würden die Menschen weiterhungern." Auch an seiner Kritik am Landwirtschaftsministerium ändere sich nichts: "Der Minister ist stolz darauf, dass er diese Almosen bis Ende des Jahres zustande bringt." Nun solle "der Bettel, auf den sich die Regierung geeinigt hat", zumindest schnellstmöglich überwiesen werden. "Schließlich geht es darum, dass Menschen verhungern."

Die fehlende Hilfe für das WFP trifft auch das Flüchtlingslager Saatari in Jordanien. Rund 80.000 Menschen werden hier von den Vereinten Nationen mit Essen und Kleidung versorgt. Bereits Anfang des Jahres musste das WFP die Nahrungsmittelgutscheine für die Bewohner reduzieren. Der Grund: Geldmangel.