Die Geschichte des UNHCR-Zweigbüros in Wien ist beinahe so alt wie die Geschichte der UNHCR selbst. Am 5. November 1951, dem Jahr der Unterzeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention, kam Dr. Victor Beermann als erster UNO-Beamte nach Wien. Das UN-Flüchtlingswerk war erst kurz zuvor gegründet worden, seine Aktivitäten sollten zeitlich begrenzt bleiben. Österreich sah sich zu dieser Zeit mit den immer noch akuten Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs konfrontiert: Das Innenministerium registrierte damals ungefähr 480.000 Volksdeutsche, die aus der Tschechoslowakei, aus Ungarn, Jugoslawien und Rumänien nach Österreich vertrieben worden waren. Seither haben sich sowohl die politischen Konflikte und damit auch die Asylproblematik, mit der sich das UNHCR in Österreich konfrontiert sieht, weitgehend verändert. Verringert haben sich die Aufgaben allerdings nicht.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Artikel 5 des Kontrollabkommens der alliierten Besatzungsmächte besagte in der Nachkriegszeit, dass "Betreuung und Abtransport", sowie die Ausübung der rechtlichen Gewalt über alle Flüchtlinge und Kriegsgefangenen den Alliierten obliege. In der Praxis war es aber so, dass die Besatzungsmächte die Betreuung und Versorgung dem österreichischen Innenministerium überließen. Das schwierigste Problem dabei war die Unterbringung der Vertriebenen. Sie mussten notdürftigst in alten Wehrmachts- und Arbeitslagern, in Schulen und Fabriksgebäuden wohnen.
Angesichts dieser Situation setzte die UNHCR drei Schwerpunkte: Man versuchte einen Teil der Flüchtlinge in der Landwirtschaft unterzubringen, eine Kreditaktion für Handwerk, Gewerbe und Industrie auf die Beine zu stellen und Wohnungen zu bauen. Dennoch waren 1960 in Österreich immer noch 7.500 Menschen gezwungen, in Barackenlagern zu hausen.
Ungarnaufstand 1956
Die Niederschlagung der ungarischen Revolution 1956 stellte Österreich vor eine weitere, gewaltige Aufgabe: Insgesamt 180.000 Menschen flüchteten damals nach Österreich. SP-Innenminister Oskar Helmer konnte durchsetzen, dass allen Flüchtlingen ohne Rücksicht auf ihr individuelles Fluchtmotiv Asyl gewährt wurde - ein weitgehend unumstrittener Solidaritätsakt, der aber die Behörden vor scheinbar unlösbare Aufgaben stellte: Die Hauptlast der Versorgung und Unterbringung der Vertrieben wurde daher durch nichtstaatliche Organisationen, wie das Rote Kreuz oder die Kirche besorgt, auch Privatpersonen halfen mit.
Als eigentliches Asylland verstand sich Österreich zu jener Zeit allerdings noch nicht: Es begriff seine Aufgabe vor allem darin, die Flüchtlinge erstzuversorgen und dann in andere Länder weiterzuvermitteln - dies geschah auch unter dem Druck der öffentlichen Meinung. Durch das Engagement Bruno Kreiskys, der damals noch Staatssekretär im Außenministerium war, gelang es schließlich, einen Großteil der Ungarn in europäischen und Überseestaaten unterzubringen. 18.000 blieben in Österreich, darunter überproportional viele kranke, alte und unqualifizierte Personen, die zu intergrieren waren: Mit 29 Millionen Schilling Unterstützung seitens des UNHCR wurden Wohnungen gebaut, um wenigstens die elementarsten Wohnbedürfnisse sicherstellen zu können.
"Prager Frühling" 1968
Im August 1968 wurde Östereichs Aufnahmekapazität erneut auf die Probe gestellt, als in Prag die Warschauer-Pakt-Truppen einmarschierten: Von Ende August bis Ende Oktober kam eine sehr große Anzahl von Flüchtlingen - genaue Zahlen gibt es bis heute nicht, die Schätzungen sprechen von 96.000 bis 162.000 Menschen - entweder direkt aus der Tschechoslowakei oder aus dem sozialistischen "Bruderland" Jugoslawien, wo viele ihren Sommerurlaub verbracht hatten.
Ähnlich wie 1956, bot Österreich pauschal Asyl an - "spontane Asylgewährung" hieß das im offiziellen Jargon - der größte Teil der CSSR-Flüchtlinge kehrte allerdings nach einigen Wochen des Bedenken in ihre Heimat zurück, oder wanderten in Drittländer weiter. Nur rund 11.800 suchten um dauerhaftes Asyl an. die Integrationen dieser Menschen war kein Problem: Die meisten waren gut ausgebildet Östereichs Wirtschaft boomte in diesen Jahren, es herrschte rege Nachfrage nach Arbeitskräften.