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Fluchtpunkt Radionostalgie

Von Reinhold Aumaier

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Finden Sie nicht auch: Egal, wohin man die TV-Blicke richtet, es wird (fast) alles immer unverschämter, blöder und indiskutabler. Vom Talk-Show-Schrott - gell, ATV! - über die "Big Brother"/"Expedition Robinson"-Idiotie und die demnächst drohende Doping-Depperei namens Olympia bis zu den so genannten Gesprächen mit den Herren und Damen Politikern, wo selbige, wurscht, was gerade gefragt wird, nur noch ihre Botschaften absondern. Dazu der offene und versteckte Werbeterror beinah rund um die Uhr. Man flüchtet sich immer gehetzter in die paar gnädigst platzierten Oasen; goutiert z. B. Serien wie "Ally McBeal" - jetzt wieder neu bei VOX und ab Dezember im ORF, freut sich aufs BR-Kulturmagazin "Capriccio" oder auf die liebevoll gemachten "Ins Land einischaun"-Blicke - am Samstag beispielsweise über den Granit (im oberen Mühlviertel).

Oder aber man genießt Radiokultur im guten alten Sinn. So wie am Mittwoch drei Stunden lang bei Radio Niederösterreich von 19 bis 22 Uhr. Da besang in "Melodie und Nostalgie" die Knef ihren immergrünen Koffer in Berlin und den grauen Wolf, der wieder jung wird; da erwärmte der eine oder andre Chor in "G'sungen und g'spielt" das bei Herbstanfang wieder bedürftiger werdende Herz - nur das Keyboard-verkitschte "La Montanara" hätte man wirklich gern ganz urwüchsig und aus rauen Kehlen gehört! Dafür hatte man bei der Parade der Blasmusikkapellen aus Tirol gleich wieder ungetrübte Freude, um, weil's so schön war, bei "Die Besten aus dem Westen" (unaufgefordert) dranzubleiben. Man träumte sich wieder in die (pubertären) 60er zurück, als Gitte einen Cowboy als Mann herbeikrähte und war beim "Wichita Lineman" mit Glen Campbell verzaubert wie x-mal zuvor.