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Flugsimulator statt Flugzeug

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Weil Piloten heuer besonders selten fliegen, wird bei manchen die Fluglizenz ruhend gestellt.


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Die Luftfahrt leidet besonders unter Corona. Wegen der steigenden Infektionszahlen, Reisewarnungen und Lockdowns bleiben die Flugzeuge derzeit meistens am Boden. Und mit ihnen die Piloten. Das ist allerdings problematisch, weil sie eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestanzahl an Flügen, Starts und Landungen leisten müssen. Um ihre Flug- und Flugzeugtyp-Lizenzen zu behalten, wird nun vieles auf dem Flugsimulator gemacht. Dennoch wird es für einige heuer eng.

Lizenzen ruhen

"Unsere Piloten sind derzeit, wie bei allen Airlines, nicht im gewohnten Umfang im Einsatz", sagt Michael Kircher, Ausbildungsleiter bei den Austrian Airlines (AUA), im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Deshalb weiche man dort auf den Flugsimulator aus. Denn: Monatelang nicht zu fliegen und dann wieder ins Cockpit zu steigen, ist nicht erlaubt und gefährlich. Eine EU-Verordnung zu den sogenannten EU-FCL-Regeln - flight crew licencing - sieht vor, dass Piloten binnen 90 Tagen drei Starts und drei Landungen absolvieren müssen. Darüber hinaus müssen Piloten eine bestimmte Anzahl an Flügen binnen 12 Monaten absolvieren. Und zwar mit jener Maschine, für die sie lizenziert sind. In Österreich ist die Austro Control für die Kontrollen zuständig.

Einige Piloten müssen nun ihre Lizenzen zumindest während der Zeit des Lockdowns ruhend stellen. Bei der AUA sind es aktuell um die 300 von insgesamt 1.100 Piloten, wie es auf Nachfrage heißt. "Anders hätten wir die Situation nicht nach unseren Qualitäts- und Sicherheitsstandards lösen können", erklärt Kircher. Das bedeutet nicht, dass die Piloten ihren Flugschein oder ihre Stelle verlieren. Sie sind lediglich nicht "jederzeit für Flüge einsetzbar", sagt er. "Wir halten aber weit mehr als die Hälfte unserer Piloten aktiv."

Das bedeutet, dass sie regelmäßige Trainingsflüge auf speziellen Simulatoren in Wien und in Frankfurt absolvieren müssen. Bei der AUA hofft man, dass der Flugverkehr im Frühjahr wieder anzieht. Dann werden jene Piloten, die jetzt besonders wenig fliegen, rasch nachgeschult und wieder im regulären Flugbetrieb eingesetzt. Corona-bedingt hat die Austro Control für die Erfüllung der notwendigen (Trainings-)Flüge heuer eine Übergangsfrist von vier Monaten gewährt. Laut AUA gelte diese im Konzern nur für besonders erfahrene Piloten.

Finanzielle Schieflage

Finanziell ist die gesamte Flugbranche derzeit unter großem Druck. Die AUA liegt unter 50 Prozent ihrer gewohnten Auslastung für die Jahreszeit. Die irische Billigfluglinie Ryanair machte im Sommer das erste Mal seit Jahrzehnten Verluste und verbuchte im September einen Fehlbetrag von 197 Millionen Euro. Die AUA-Mutter Lufthansa verbuchte im dritten Quartal sogar einen Verlust von 1,3 Milliarden Euro.

Österreich und Deutschland mussten mit Steuergeld einspringen und die AUA und die Lufthansa vor der Pleite retten. In Österreich betrug das Rettungspaket insgesamt 600 Millionen Euro, wobei 150 Millionen direkt vom Staat kamen, weitere 150 schoss die Lufthansa zu und 300 Millionen sind staatlich garantierte Kredite. Und nun sieht es so aus, als müsste die Regierung wieder bei der AUA intervenieren. Konkret geht es um Nachschusspflichten für Firmenpensionen aus der Zeit vor der Privatisierung. Die AUA hat dafür kein Geld, die Betroffenen wollen nicht auf ihr Pensionsprivileg verzichten.