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Größtes Industrie-Projekt Norwegens. | Erdgas-Export von Europa in die USA wird ermöglicht. | Hammerfest. Melkøya heißt eigentlich "Milchinsel". 1944 stand hier deutsche Artillerie, die verhindern sollte, dass englische Kriegsschiffe die russischen Truppen über die Barents-See mit Nachschub versorgen.
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Heute entsteht auf der etwa 10km 2 großen, nur wenige hundert Meter vor der Küste der norwegischen Stadt Hammerfest vorgelagerten Insel das größte Industrie-Projekt Norwegens: Europas erster Terminal für LNG-Tankschiffe. LNG steht für "Liquid Natural Gas", also: flüssiges Erdgas.
Mittels riesiger Kühlgeräte soll auf Melkøya Erdgas auf -163 Grad Celsius gekühlt werden. Das Gas verflüssigt sich und schrumpft dabei auf ein Sechshundertstel seines ursprünglichen Volumens. So kann es in spezielle Tankschiffe, sogenannte LNG-Tanker, gefüllt werden. Dadurch wird in Europa erstmals der Transport von Gas ohne den Bau einer Pipeline ermöglicht.
Schneewittchen-Gas
Das in Melkøya verarbeitete Erdgas kommt über Untersee-Pipelines aus dem Gasfeld Snøhvit ("Schneewittchen"). Snøhvit liegt 140 km nördlich von Hammerfest in der Barents-See. Das Gas wird über mehrere Unterwasser-Anlagen gefördert. Oberhalb der Wasseroberfläche ist von der Förderung nichts zu sehen.
193 Milliarden Kubikmeter Gas liegen im Snøhvit-Feld. Zum Vergleich: die gesamten Gasreserven Österreichs betragen nur etwas mehr als ein Zehntel davon. Wenn die Anlage 2007 in Betrieb geht, wird sie 20 Mio. Kubikmeter Gas pro Tag fördern. Damit könnte man den gesamten österreichischen Erdgas-Bedarf zu zwei Dritteln abdecken.
59 Mrd. Kronen (7,3 Mrd. Euro) investiert die staatliche norwegische Ölfirma Statoil in das Projekt. Dem Senior Vice President der Anlage, Odd Mosbergvik, bereitet dieser Betrag kein Kopfzerbrechen. Jedes einzelne Tankschiff, das hier ablegen wird, spült 40 Mio. Euro in die Kassen der Statoil. "Die Betriebskosten sind im Vergleich zum Ertrag so gering, dass wir sie eigentlich gar nicht mehr als Kosten bezeichnen", so Mosbergvik. In nur drei Jahren werde man die Investitionskosten zur Gänze eingebracht haben.
US-Exporte
Alle fünf bis sechs Tage wird ein Tankschiff in Melkøya ablegen. Mehr als die Hälfte des Gases wird in die USA geliefert werden das Projekt macht erstmals europäische Gasexporte nach Nordamerika möglich. Der Rest geht über den Hafen Bilbao nach Spanien und Frankreich. Sollte die OMV ihre Pläne eines LNG-Terminals in Kroatien verwirklichen (siehe nebenstehenden Artikel), könnte das Gas aus Snøhvit in den nächsten Jahren auch nach Österreich kommen.
Derzeit bezieht Österreich etwa 10 Prozent seines Jahresverbrauches aus Norwegen. Der Großteil rund 60 Prozent wird mit Importen aus Russland abgedeckt. LNG aus Norwegen könnte helfen, die Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu verringern.