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FMA als Bilanz-Polizei?

Von Karl Leban

Wirtschaft

Chefs reklamieren zusätzliche Funktion für Aufsichtsbehörde. | 2008 gab es mehr Prüfungen, Anzeigen und auch Strafen. | Wien. Der Finanzmarktaufsicht (FMA) gehen ihre jetzigen Befugnisse als Behörde nicht weit genug. "Wir wollen künftig auch als Bilanz-Polizei tätig sein", betont FMA-Chef Kurt Pribil. Warum die staatlichen Finanz-Sheriffs weitere Aufgaben für sich reklamieren, hat mit einer Transparenz-Richtlinie der EU zu tun, bei deren Umsetzung Österreich als Schlusslicht gilt.


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Bis auf Österreich hätten bereits alle Mitgliedsstaaten der Union eine eigene Prüfstelle für die Bilanzen börsennotierter Unternehmen, so Pribil. Geht es nach ihm und seinem Vorstandskollegen Helmut Ettl, könnte eine solche Enforcement-Stelle bei der FMA angesiedelt sein. Ein Konzept habe die FMA bereits erarbeitet, das es ermögliche, jede der rund 165 Gesellschaften, die in Wien an der Börse notieren oder dort Wertpapiere emittiert haben, alle acht Jahre zu prüfen. EU-weit wurden bislang sämtliche Kontrollstellen für die Rechnungslegung bei den für Börsenaufsicht zuständigen Behörden eingerichtet.

Stopp für Bilanz-Flucht

Was der FMA ebenfalls unter den Nägeln brennt, ist ein gesetzlicher "Stopp der Flucht aus der Bilanz". Pribil: "Werte, die in ausländische Stiftungen oder in Offshore-Gesellschaften ausgelagert sind, müssen in der Bilanz abgebildet sein und dem Risikomanagement unterworfen werden." Mit Hilfe des Gesetzgebers will die FMA damit vor allem Banken stärker an die Kandare nehmen.

Laut Pribil gilt Gleiches auch für - zum Teil hochriskante - Geschäfte auf den Terminmärkten, für Derivate und Hedging, die derzeit außerhalb der Bilanz dargestellt werden können. Als eine der Sanktionsmöglichkeiten kann sich Ettl vorstellen, diese Werte künftig vom Eigenkapital abzuziehen, sofern sie verschleiert werden und in der Bilanz nicht aufscheinen.

Auf der Wunschliste der FMA steht vor dem Hintergrund der Finanz- und Bankenkrise auch eine neue europäische Aufsicht. Im Idealfall sollte diese nach dem Vorbild des "Europäischen Systems der Zentralbanken" aufgebaut sein - und zwar mit einer starken zentralen Institution, die sich in ihrer Tätigkeit auf das Netzwerk der nationalen Aufsichtsbehörden stützen kann.

Zusätzliches Personal

Im vergangenen Jahr hat die FMA, die Banken, Versicherer, Wertpapierdienstleister, Pensions- und Vorsorgekassen sowie den Börsenhandel beaufsichtigt, ihre Aktivitäten deutlich ausgeweitet. Allein bei den Banken stiegen die Prüfungen vor Ort von 79 auf 131 (die größten Institute werden jährlich unter die Lupe genommen).

Gleichzeitig hat sich die Zahl der Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft im Vorjahr von 27 auf 45 drastisch erhöht. An Strafverfügungen gab es 2008 mit insgesamt 101 um vier mehr als 2007, die Straferkenntnisse nahmen von 57 auf 75 zu. Daneben haben die Finanzaufseher im Zusammenhang mit dubiosen Finanzdienstleistern 21 Warnmeldungen abgesetzt (2007: 17).

Um ihre Schlagkraft weiter zu erhöhen, stockt die FMA ihr Personal bis Jahresende von zuletzt rund 220 auf 290 Mitarbeiter auf.