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FN besiegt - die politische Elite hat gewonnen

Von Gerhard Männl (Bürgerjournalist)

Leserforum

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Der friedliche Sieg über die FN wurde von der politischen Elite nicht durch die Eigenqualität laut veröffentlichter Realtität, sondern mit der angreifenden Rückzugskampagne vor einem möglichen Rechtsruck errungen.Wir leben in einer Hochzeit der Oxymora - oder des Doublethinks Eric Arthur Blairs, besser bekannt als George Orwell.

Ein Denken in Worthülsen ermöglicht das Aufrechterhalten zweier sich widersprechender Überzeugungen. Doublethink, oder Doppeldenk, wird im Wikipedia wie folgt erklärt: Absichtlich Lügen zu erzählen und aufrichtig an sie zu glauben; jede beliebige Tatsache zu vergessen, die unbequem geworden ist, und dann, falls es wieder nötig ist, sie aus der Vergessenheit zurückzuholen; so lange wie nötig die Existenz einer objektiven Realität zu leugnen und gleichzeitig die Realität zu akzeptieren, die man verleugnet. Selbst der Gebrauch des Begriffes Doppeldenk macht die Verwendung des Doppeldenkens erforderlich. Denn schon allein indem man diesen Begriff verwendet, räumt man ein, die Realität zu manipulieren. Durch eine erneute Anwendung des Doppeldenkens jedoch löscht man diese Erinnerung aus, womit die Lüge der Wahrheit fortlaufend einen Schritt voraus ist.Kann Regierungsarbeit besser beschrieben werden?Doublethink wurde - nicht nur in Frankreich - zur alleinigen Regierungstätigkeit. Irgendwann werden aber die anstehenden Probleme gelöst werden müssen. Ohne Lösung dieser Probleme kann ein Schwenk nach rechts nur hinausgezögert werden. Letztendlich bedeutet das aber nur, dass er, wenn er kommt, sehr massiv sein wird; nicht zuletzt dank jener, deren gesamte Regierungstätigkeit sich im Warnen vor Rechts erschöpfte.Weil Kassandra ihre weibliche Schönheit missbrauchte, wurden sie und ihre Gabe, Weissagen, mit dem Fluch, kein Gehör zu finden, belegt. Die politische Elite hat keine Schönheit, die sie missbrauchen könnte. Die politische Elite hat nur eine geliehene Macht, die sie missbrauchen kann und die sie auch - offen und massiv - missbraucht. Verflucht wird sie deshalb nicht. Verflucht ist die Wählerschaft, die sich im - durchaus lobenswerten - Hoffen auf eine friedliche (Weiter)Entwicklung immer wieder an die Doublethink-Reden der politischen Elite wie an den berühmten Strohhalm klammert. Solange, bis ihr dieser zu einem Bleigürtel wird.Es mag lustig anmuten, wenn ein europäischer Regierungschef von einem Staatsbesuch aus der Schweiz zurückkommend auf dem Flughafen ein Interview gibt, in dem er meint: "So ein Steuersystem wie die Schweiz brauchen wir auch. Da weiß jeder, was er zahlen muss. Da gibt es keine Steuerhinterziehung." Es mag lustig anmuten, wenn das Interview in mehreren Online-Ausgaben von Qualtitätszeitungen erscheint, aber kurz darauf verschwindet. Tatsächlich wurde aber auch in dieser an sich unbedeutenden Episode doppeltgedacht.

Was wir brauchen, gibt es nicht in der Schweiz oder in einem anderen Land: eine politische Elite, die auch Verantwort tragen muss.In der Wirtschaft gibt es die Gewinnwarnung. Warum sollte dieses System nicht auch in der Politik funktionieren? Statt als Verwaltungsübertretung sogar verschärft als strafrechtlich relevanter Tatbestand?

Eine Regierungserklärung müsste mit der gleichen Sorgfalt - und vor allem mit den gleichen Konsequenzen - wie eine Prognose des angestrebte Geschäftsergebnis erstellt werden.Politiker sollen viel verdienen. Schließlich ist auch deren Verantwort groß. Aber sie sollten auch wegen ihres Fehlverhaltens, der negativen Folgen ihres Doublethink, zur Verantwortung gezogen werden; ein Abstellen auf ein Nebengleis eines Versorgungsjobs reicht als Sanktion nicht aus.