Neben der SPÖ lehnen vor allem überzeugte Föderalisten den Fiedler-Entwurf für eine neue Verfassung ab. Ihr Vorwurf: Der RH-Präsident wolle die Länder auf einen reinen Vollzugs-Föderalismus reduzieren. Für die "WZ" analysiert der Föderalismus-Experte Peter Bußjäger den Entwurf.
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Der mit Spannung erwartete Entwurf liegt vor: Der Vorsitzende des Österreich-Konvents, Franz Fiedler, hat am Mittwoch seinen Vorschlag für eine neue Bundesverfassung vorgestellt. Wurden die Ziele - schlank, transparent, effizient - erreicht?
Das Ergebnis ist zwiespältig: Mit 298 Artikeln kann man zwar nicht gerade von einer schlanken Verfassung sprechen, zumal es noch eine Reihe von fortbestehendem Verfassungsrecht außerhalb der Verfassungsurkunde geben würde, aber das Realistische wurde immerhin erreicht.
Recht gut gelungen ist der Grundrechtsteil: Die klassischen Grundrechte sind auf sinnvolle Weise durch soziale angereichert worden. Prinzipiell positiv bewerten kann man auch die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit. Aber auch diese Lösung ist zwiespältig, weil sie dem Bund die Möglichkeit eröffnet, für seine Bereiche eigene Verwaltungsgerichte einzurichten. So werden die Rechtsschutzsuchenden unter Umständen mit einer unübersichtlichen Vielzahl von Verwaltungsgerichten zu tun haben.
Danach wird die Sache problematischer. In der Kompetenzverteilung konzentriert Fiedler die wichtigsten Staatsaufgaben beim Bund: "Gesundheit", "Schule und Unterricht", "Wirtschaft" werden, um nur Beispiele zu nennen, zu ausschließlichen Bundeskompetenzen erklärt. Das war von Fiedler nicht anders zu erwarten. Ob sich die Länder damit abfinden, lediglich Vollzugsorgane der Anordnungen des Bundes zu sein, scheint zweifelhaft. Sinnvoll ist es aber jedenfalls schon gar nicht, wenn man bedenkt, wie wichtig gerade diese Materien für die Standortpolitik der Regionen heute sind. Im Grunde sind etwa Gesundheit und Schule Angelegenheiten, die typischerweise im Zusammenwirken von Bund und Ländern zu erledigen wären.
Der Fiedler-Entwurf formuliert neue, großflächige Kompetenzfelder. Die Zuordnung der bisherigen Kompetenzen zu den neuen Tatbeständen ist vielfach äußerst unklar. Was in der Vergangenheit durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes noch einigermaßen abgesichert war, ist nunmehr völlig offen.
Einer der problematischsten Aspekte ist, dass der Fiedler-Entwurf keine Lösung für den Bundesrat parat hält: Er könnte zwar in bestimmten, nicht gerade bedeutsamen Fällen in ein sogenanntes Vermittlungsverfahren mit dem Nationalrat eintreten, hätte aber trotzdem keine Handhabe, Beschlüsse des Nationalrats wirksam zu beeinspruchen. Damit bleibt das wohl umstrittenste Staatsorgan weiterhin weitgehend ohne Kompetenzen, was nicht besonders effizient ist.
In der Verwaltungsreform zeigt sich der Entwurf besonders mutlos und unklar. In der Schulverwaltung ist es offen, ob es die Landesschulräte weiterhin geben soll. Dasselbe gilt für die Sicherheitsdirektionen in den Ländern. Der große Bestand an unmittelbaren Bundesbehörden in den Ländern (Arbeitsinspektorate, Wildbach- und Lawinenverbauung, Bundessozialämter .) wird nicht gelichtet und somit die Behördenlandschaft weiter zersplittert bleiben. Welche Angelegenheiten nun zur mittelbaren Bundesverwaltung gehören und welche nicht, geht aus der Verfassung nicht hervor. Eine transparente Verfassung hätte man sich anders vorgestellt.
In der Finanzverfassung ist von Partnerschaftlichkeit der drei Ebenen Bund, Länder und Gemeinden wenig zu spüren. Instrumente für die Zusammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung fehlen.
Insgesamt ist es schade, dass der Fiedler-Entwurf oftmals gerade jene Vorschläge aufgreift, die in den Beratungen der Ausschüsse die geringste Unterstützung gefunden haben. Zur Konsensfindung dürfte Fiedlers Entwurf jedenfalls wenig beitragen.
Dr. Peter Bußjäger ist Vorsitzender des Konventsausschusses V (Kompetenzverteilung), Direktor des Innsbrucker Föderalismusinstutits und Vorarlberger Landtagsdirektor.