Die Verunsicherung, die jetzt auf der Westbahnstrecke Platz greift, lässt das Vertrauen der Fahrgäste schwinden.
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Mitte November erschien - rechtzeitig zum zweiten Lockdown - der zweite Notfahrplan für die Westbahnstrecke. Und mit ihm blühte Hoffnung auf. Im Gegensatz zum ersten wurden Synergien genutzt, die Möglichkeit, in Wien mehrere Destinationen anzufahren, wurde erweitert. Alles noch in Ansätzen, es war ja ein Notfahrplan. Aber man sah, dass dahinter planerische Kompetenz steckte. Kurz: Man sah, dass sich die ÖBB und die private Westbahn zusammengesetzt hatten. Beste Voraussetzungen für das 1-2-3-Ticket, das ja demnächst kommen soll. Konnte man immerhin träumen.
Den ersten Wermutstropfen konnte man schmecken, als ewig nicht in Erfahrung gebracht werden konnte, ob der Notfahrplan über den 8. Februar hinaus verlängert würde, der Lockdown wurde ja auch in die Länge gezogen. Dass nunmehr alles zu Ende sein soll - mit dem Ende der Notvergabe kann auch der Notfahrplan nicht mehr gehalten werden -, ist dann die schwere Keule, die auf die Bahnkunden niedergegangen ist.
Eine Notvergabe muss man sich so vorstellen: Der Staat kauft ein Ticket für den ganzen Zug, wer mitfahren will, bezahlt den Ticketpreis an den Staat. Da zeigen sich dann die Unterschiede zwischen ÖBB und Westbahn. Wer öfter mit den ÖBB fährt, zahlt weniger, der Preis für die einzelne Fahrt wird dann billiger. Die Westbahn setzt auf den gelegentlichen Fahrgast, der mit oft erstaunlichen Preisen bedacht wird. Diese beiden Geschäftsmodelle sind schon schwer unter einen Hut zu bringen.
Dazu kommt dann noch, dass die ÖBB nicht nur die profitable Westbahnstrecke betreiben, sondern auch andere, weniger gewinnbringende Verbindungen. Auch Strecken, die eine Zubringerfunktion für die Verbindung Wien-Salzburg haben - und damit auch für die Westbahn.
Nur: Das alles war ja auch vorher schon bekannt. Im Idealfall hätte man, an die Vorarbeiten zum 1-2-3-Ticket anknüpfend, die Notvergaberichtlinie anpassen können. So könnte man den Notfahrplan langsam zu einem Instrument ausbauen, das den Anforderungen gerecht würde. Für jemanden, der öffentliche Verkehrsmittel beruflich oder geschäftlich nutzt, ist der Fahrplan ein Instrument, auf das man sich verlassen kann. Die Verunsicherung, die jetzt Platz greift, lässt genau dieses Vertrauen schwinden.
Nun die jüngste Pressekonferenz des ÖBB-Generaldirektors zum Anlass zu nehmen, die Vergabe und den Fahrplan zum Kippen zu bringen, zeigt eigentlich nur eines: Der öffentliche Nahverkehr wird als Folklore auf die Schiene gebracht. Nicht als Paarlauf, sondern als Watschentanz.