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Folter für die falsche Verwandtschaft

Von Klaus Huhold

Politik

Neuer Bericht von Amnesty über Nordkoreas Gefangenenlager. | Es herrschen Hunger, Brutalität und Zwangsarbeit. | Seoul. Sie essen Ratten, um zu überleben. Ständig müssen sie zusehen, wie Mitgefangene hingerichtet werden. Ein von Amnesty International (AI) nun veröffentlichter Bericht zeigt die grausamen Zustände in Nordkoreas Gefangenenlagern auf.


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Die Menschenrechtsorganisation stützt sich dabei auf Aussagen von ehemaligen Gefangenen und Wärtern. Die Lager sind Orte, in denen die Inhaftierten wie Sklaven gehalten werden und Menschenrechte nichts zählen. Laut einem Ex-Gefangenen folgten in dem Lager Yodok auf 14 Stunden Zwangsarbeit zwei Stunden ideologische Umerziehung. Wer sich an das Gelernte nicht erinnern konnte, dem wurde Schlaf entzogen. Berüchtigt sind auch die engen Folterzellen, in denen Eingesperrte weder stehen noch ausgestreckt liegen können. Immer wieder verhungern Häftlinge.

Satellitenbilder belegen, dass die Gefängnislager im Vergleich zu Aufnahmen von 2001 deutlich vergrößert worden sind. AI schätzt, dass in dem kommunistischen Land derzeit rund 200.000 politische Gefangene in mehreren Lagern inhaftiert sind.

Eingesperrt wird jeder, der dem Regime von Diktator Kim Jong-il gefährlich werden könnte. Dabei reicht es schon, in den Augen der Machthaber die falsche Verwandschaft zu haben. Landet ein vermeintlicher Regimegegner im Gefängnis, werden seine Angehörigen oft gleich mit eingesperrt.

Ständige Hungersnöte

Nordkoreas Repressionsapparat arbeitet aber nicht nur mit Gefängnissen, sondern auch mit anderen Mitteln - etwa mit der selektiven Zuteilung von Lebensmitteln. So ist die Hauptstadt Pjöngjang, in der die Parteikader leben, gut versorgt. Gegenden wie der unzulängliche Nordosten, wohin die sogenannten feindlichen Klassen abgeschoben wurden, sind hingegen von der Lebensmittelzufuhr oft abgeschnitten und dadurch von den ständig wiederkehrenden Hungersnöten viel stärker betroffen.

Das autarke Wirtschaftssystem Nordkoreas ist derart gescheitert, dass der Staat nicht einmal die eigene Bevölkerung versorgen kann. Trotzdem wird die Lebensmittelhilfe der internationalen Gemeinschaft immer wieder abgelehnt. Laut Beobachtern fürchten die Machthaber, dass dadurch Informationen über das abgeschottete Regime nach außen dringen.

Dass deshalb zehntausende Menschen sterben müssen, nimmt das Regime in Kauf. Der eigene Machterhalt ist Kim und seiner Herrscherklasse wesentlich wichtiger als das Überleben der eigenen Bürger.