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Folter von Gefangenen war weit verbreitet

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Die jetzt auf Antrag von amerikanischen Bürgerrechtsorganisationen veröffentlichten Dokumente zeigen auf, dass die Misshandlung und Folterung von US-Militärgefangenen weiter verbreitet war als bisher vom Verteidigungsministerium zugegeben wurde. Militärangehörige, die sich an den Übergriffen beteiligten, gaben sich oft als FBI-Beamte aus, um die Spuren zu verwischen. Die neuesten Enthüllungen bringen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld verstärkt unter Druck. Laut einer von der "Washington Post" veröffentlichten Umfrage wollen 52 Prozent der Amerikaner, dass er zurücktritt.


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Aus den jetzt freigegebenen Dokumenten geht hervor, dass sowohl Soldaten der regulären Armee als auch Spezialkräfte in die Misshandlungen verwickelt waren. Den US-Soldaten wird vorgeworfen, dass sie Gefangene erschossen haben, ihnen Exekutionen androhten, sie körperlich attackierten und bestahlen. Die Untersuchung dieser Taten sei so lax erfolgt, dass es in vielen Fällen zu keinen Anklagen gekommen ist.

Die Berichte über Gefangenenmisshandlungen und Folter beziehen sich auf Fälle im Irak, in Afghanistan und in Guantanamo. Aus den internen Berichten, Untersuchungen und e-mails verschiedener Stellen ergibt sich ein bedrückendes Bild. Es zeigt sich, dass wiederholt minderjährige und erwachsene irakische Gefangene mit der Exekution bedroht wurden. In einem Fall wurde ein irakischer Jugendlicher vor seinem Vater und seinem Bruder, die der Plünderung eines Waffenlagers beschuldigt wurden, einer Scheinexekution unterzogen. In einem anderen Fall hielt ein Soldat seine Pistole an die Schläfe eines Plünderungsverdächtigen und zog sie erst weg, als er einen Schuss abgab. In einem dritten Fall, der von 19 Anwesenden bezeugt wurde, wollte ein Soldat einem Zivilisten eine Waffe aufdrängen, um seine Erschießung zu rechtfertigen.

Die Dokumente zeigen auch auf, dass Schläge und Tritte gegen Gefangene keine Ausnahmefälle darstellen. Dazu kommen körperliche und seelische Folter, indem man Gefangene Hitze und Kälte aussetzte, sie bis zu 24 Stunden lang gefesselt in ihren Exkrementen liegen ließ oder sie, wie in einem Fall in Guantanamo in eine israelische Flagge einwickelte.

In einigen der Berichte wird auch auf eine Anordnung von Präsident Bush persönlich Bezug genommen, in der die Verschärfung der Verhörmethoden gutgeheißen wurde. Das Weiße Haus dementierte aber, dass es eine derartige Anordnung gab.

18 Amerikaner unter den Toten von Mossul

Die Zahl der Menschen, die bei der Explosion in einer Militärbasis in der nordirakischen Stadt Mossul am Dienstag ums Leben gekommen sind, wurde gestern auf 22 revidiert. 14 der Opfer sind laut US-Nachrichtensender CNN US-Soldaten, vier weitere amerikanische Zivilisten und vier irakische Sicherheitskräfte. Die Ursache der Explosion ist weiterhin unbekannt. War man zuerst von einem Raketen- oder Mörserangriff ausgegangen, wird nun auch eine Bombe nicht ausgeschlossen.

Der Gouverneur der Provinz Ninive, Duraid Kashmula, hat nach dem Anschlag in Mossul die Schließung aller Brücken der Stadt angeordnet. Jeder, der die Brücken über den Fluss Tigris betrete, bringe sein Leben in Gefahr, hieß es in einer im Rundfunk verlesenen Erklärung.

Rund 1500 Kurden haben gestern in der nordirakischen Großstadt Kirkuk gegen eine Serie von Attentaten auf ihre Landsleute protestiert. Sie forderten die Vertreibung von Anhängern des gestürzten Regimes der früheren Baath-Partei von Saddam Hussein aus Kirkuk und dem benachbarten Howeija, das als Hochburg der Aufständischen in der Region gilt.

Britische Parlamentarier halten es für möglich, dass britische Truppen noch mindestens zehn Jahre im Irak bleiben müssen. Dies berichtete die liberale Tageszeitung "The Independent" gestern unter Berufung auf Mitglieder des Verteidigungsausschusses des Unterhauses nach deren Rückkehr aus dem Irak.