Die chilenische Regierung hat erstmals Entschädigungszahlungen für 28.000 Folter des Militärdiktatur von Augusto Pinochet angekündigt. Opfer, die illegal inhaftiert und gefoltert wurden, sollen unter anderem eine lebenslange Rente von monatlich 112.000 Pesos (rund 140 Euro) erhalten. Dies entspricht etwa 93% des monatlichen Durchschnitteinkommens des Landes. Außerdem vorgesehen sind Beihilfen für Bildung, Wohnen und Gesundheit für Opfer und deren Angehörige.
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Anlass für die Ankündigung von Präsident Ricardo Lagos war die Veröffentlichung eines ersten umfassenden Berichts, in dem die Folterpraktiken der Jahre 1973 bis 1990 detailiert dokumentiert werden. Der geplante Gesetzesantrag soll nun dem Kongress vorgelegt werden, eine Mehrheit scheint sicher.
Die Details des Reports seien "schockierend". "Wie kann man solch einen Horror erklären? Ich weiß es nicht", meinte der Präsident. Der Bericht liefere traurigerweise den Beleg dafür, dass Folter Bestandteil der damaligen "Staatspolitik" war.
Der Report enthält die Aussagen von 35.000 Menschen, die während der Junta von Folter und politischer Gefangenschaft betroffen waren. Unter den Betroffenen waren auch 3,400 Frauen und Kinder. Von den Aussagen gelten 28.000 als belegt, was Voraussetzung für den Erhalt staatlicher Entschädigungszahlungen ist.
Insgesamt 18 Folterarten sind in dem Bericht aufgelistet, darunter das Ersticken von Gefangenen, Elektroschocks, schwere Schläge, Knochenbrüche, sexuelle Misshandlungen und nicht zuletzt massiver Psychoterror: Überaus beliebt war denn auch die Praxis, Gefangene dazu zu zwingen, zuzusehen, wie ihre Mitgefangenen - oft zu Tode - gequält wurden. So mussten Mütter mitansehen, wie ihre Kinder gefoltert wurden. Rund 12 Prozent der Misshandlungsopfer waren Frauen, die meisten von ihnen wurden brutal sexuell missbraucht. In einigen Fällen mussten weibliche politische Gefangene mit Schäferhunden "schlafen". Auch vor Kindern machten die Folterknechte - zumeist Armee- und Polizeiangehörige - nicht halt. Belegt ist, dass 88 Kinder unter 12 Jahren im Gefängnis gefoltert wurden. Abgeholt wurden die Regimegegner aus ihren Häusern meist mitten in der Nacht. Mehr als 3.000 Regimegegner kamen ums Leben. Die Zahl der Internierungslager belief sich auf 800.
Die Namen der in dem Bericht aufgelisteten Folteropfer werden laut dem Beschluss der Untersuchungskommission die nächsten 50 Jahre unter Beschluss gehalten. Eine Veröffentlichung der Identität beruht auf rein freiwilliger Basis.
Pinochet schweigt
Augusto Pinochet wurde für diese Verbrechen nie zur Verantwortung gezogen, da er sich einem Prozess wegen altersbedingter Prozessunfähigkeit bisher entziehen konnte. In zwei Wochen muss das Gericht neuerlich entscheiden. Zu dem Bericht schwieg der Ex-Diktator. Sein Ex-Sprecher Gen Guillermo Garin meinte jedoch gegenüber BBC, der Bericht entbehre jedes Beweises und reiße nur alte Wunden auf, "die bereits verheilt sind". Im Gegensatz dazu hatte sich der Armeechef General Juan Emilio Cheyre Anfang November erstmals dazu bekannt, dass die Armee als Institution für die Menschenrechtsverletzungen verantwortlich zu machen ist.