Auf große Pflegeorganisationen zugeschnittene Förder- und Organisationskonzepte behindern das Pflege-Start-up Buurtzorg zu wachsen.
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Wien. Es klingt nach dem Stein der Pflege-Weisen, was Jos de Blok mit der von ihm gegründeten Pflegeorganisation Buurtzorg in den Niederlanden seit 2007 auf die Beine stellt. Aus einem kleinen Team an Pflegekräften sind heute mehr als 1.000 geworden. Sie versorgen rund 20 Prozent der pflegebedürftigen Menschen der Niederlande - kostengünstiger als davor; als mehrfach ausgezeichneter bester Arbeitgeber des Landes und mit zufriedenen Pflegebedürftigen.
Buurtzorg bedeutet so viel wie Nachbarschaftshilfe. Pflege findet dabei in kleinen selbstorganisierten Teams von bis zu zwölf diplomierten Pflegekräften statt. Sie versorgen in einer eng umgrenzten Region laufend die gleichen Menschen. Sie binden Angehörige und Freiwillige ein, setzen auf Hilfe zur Selbsthilfe. Sie entscheiden vor Ort autonom, welche Unterstützung die Pflegebedürftigen gerade konkret benötigen. Sie setzen ihre spezifische Zusatzqualifikation etwa für palliative Betreuung, Demenz oder bestimmte chronische Erkrankungen nach Bedarf ein. Sie arbeiten nicht nach strikten Ziel- und Zeitvorgaben im Minutentakt, sondern ganzheitlich und selbstbestimmt.
Test in Österreich
Jos de Blok stellte sein Modell am Mittwoch Sozialminister Rudolf Anschober von den Grünen vor. In den Niederlanden senkte es die Kosten pro Pflegebedürftigen um 40 Prozent. Gespart wird im Management, die mittlere Ebene fehlt weitgehend, auch Effizienzverluste durch kleinteiliges Aufteilen der Arbeit auf verschiedene Berufe gibt es kaum. "Das Geld kommt direkter in der Pflege an, bei den Menschen, die sie brauchen und denen, die diesen Beruf machen. Pflege ist für junge Menschen wieder ein attraktiver Beruf, andere Organisationen haben unser Konzept übernommen."
Buurtzorg findet in 27 Ländern weltweit Nachahmer, seit Mai 2019 auch in Korneuburg, da gründete Wolfgang Huber Buurtzorg Cura Communitas. Pia Haider ist eine von drei (bald vier) diplomierten Pflegerinnen, die aktuell 16 Klienten pflegen. Nach vier Jahren in der stationären Pflege nach ihrem Studium wollte sie wieder "zurück zum Ursprung, weniger delegieren müssen, sondern das tun, was ich in der Ausbildung gelernt habe: Beziehungen zu den Klienten aufbauen". Es funktioniert: "Wir sind wie eine kleine Familie."
Landesförderung hemmt
Es ist eine Familie, die gerne wachsen würde, erklärt Huber. Buurtzorg Cura Communitas sei nicht teurer, koste Pflegebedürftige das Gleiche wie bei anderen Organisationen. Der Unterschied ist aber, was andere aus dem Pflegefonds als Förderung erhalten, muss die Organisation kleinteilig über Social Investments, von der Forschungsförderungsgesellschaft und Spendern auftreiben.
Der Grund: "Die Förderrichtlinien in Niederösterreich sind auf große Organisationen zugeschnitten", sagt Huber. Konkret bedeutet das laut Haider "mindestens drei Standorte, Teams, die neben diplomierten auch Pflegefachassistenten und Heimhilfen umfassen und pro Klient darf nur eine Organisation tätig sein." Oberösterreich, wo gerade eine zweite Initiative starten möchte, regelt sogar strikt, welche Pflegeorganisation als jeweils einzige in einer Region arbeiten darf.