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Fördert Wettbewerb Bildungsqualität?

Von Stefan Beig

Politik

Milton Friedmans eigenwilliges Konzept von Schulgutscheinen. | Private Schulen arbeiten besser mit Eltern zusammen. | Wien. Privatschulen, die um Eltern werben, wünschte sich der verstorbene amerikanische Ökonom und Nobelpreisträger Milton Friedman (1912-2006). In den USA stießen Friedmans Ideen zunächst auf scharfe Kritik, wurden aber dann in den 80er Jahren umgesetzt, nachdem das bestehende System kommunaler Schulen in den "black inner cities" gescheitert war.


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Gründung und Betrieb von Schulen soll nach Friedman privaten Unternehmern überlassen werden. Eltern geben der Schule, die ihr Kind besucht, Gutscheine, für die der Schulträger beim Staat Geld bekommt. Kurz: Je mehr Kinder in einer Schule, desto mehr Gutscheine, desto mehr Geld für die Schule. Friedman meinte, der Schulwettbewerb werde das Bildungsniveau heben, weil sich Schulen dann stärker an den Wünschen von Eltern und Kindern als "Kunden" orientieren.

Kritiker bezweifelten, ob das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage der beste Weg ist, Bildungsinhalte festzulegen. Bildung sei ein besonderes Gut, das sich der Logik der Marktmechanismen verschließe.

Friedmans Konzept wurde in den 80er Jahren in einem Bezirk der New Yorker Innenstadt umgesetzt, als hohe Schulabbrecherraten, Kriminalität und niedriges Leistungsniveau von Absolventen zunahmen. Die Folgen waren ein vielfältiges Angebot konkurrierender Schulen, ein Rückgang an Kriminalität, steigende Schulleistungen und niedrige Schulabbrecherraten.

Mehr Elternengagement

Die Politikwissenschaftler Mark Schneider und Paul Teske sehen neben dem gestiegenen Leistungsdruck auf Lehrer vor allem die verbesserten Beziehungen zwischen Eltern und Schule als Grund für den Erfolg. Wenn sich Eltern von einem Anbieter überzeugen lassen, dass ihr Kind bei ihm besser als bei der Konkurrenz, aufgehoben ist, so verfolgen sie genau, ob der Anbieter seine Versprechen auch einlöst. Gerade das Engagement gesellschaftlich schlecht integrierter Eltern, die staatliche Einrichtungen vorher als "fremde" Welt empfunden haben, sei dadurch gestiegen.

In Österreich stößt dieses Konzept derzeit auf wenig Gegenliebe. "Die Ausgangsvoraussetzungen der Schulen sind unterschiedlich", meint Eva Scholik, Vorsitzende der AHS-Lehrer in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Schulen mit schlechtem Schulstandort und ungenügenden räumlichen Verhältnissen könnten dann nicht auf dem freien Markt bestehen. Elternwünsche und Bildungsangebot gingen auch nicht Hand in Hand. "Eltern konzentrieren sich oft auf Äußerlichkeiten, wie die Ausstattung der Schule, und weniger auf den Unterricht."

Scholik sieht andere Chancen, Eltern stärker einzubinden. "Wer im Schulgemeinschaftsausschuss vertreten ist, hat die Möglichkeit, Wünsche einzubringen und Engagement zu zeigen."

Auch Reinhold Mitterlehner, Generalsekretär-Stellvertreter der Wirtschaftskammer, kann mit Friedmans Bildungskonzept nicht viel anfangen. "Das klingt in der Theorie gut, kann aber in Österreich nicht umgesetzt werden. Wir haben eine andere Tradition, als die USA. Der Anfang wäre mühsam und würde große Verunsicherung erzeugen." Unser bisheriges Schulsystem funktioniere tadellos, Wahlfreiheit könne man auch im Rahmen der staatlichen Schulen fördern.

Sogar private Lehrpläne?

Lediglich Gregor Hochreiter, Betreiber der Plattform "www.liberty.li" und Vorstand des Instituts für Wertewirtschaft, stimmt Friedman teilweise zu. "Ohne Zweifel würde Wettbewerb das Schulsystem fördern."

Hochreiter stellt jedoch im Gegensatz zu Friedman den Primat des Staates in Bildungsfragen überhaupt in Frage. "Ich würde auch das Erstellen des Lehrplans den Schulen überlassen, da sie dann noch besser auf die Wünsche der Eltern eingehen könnten. In Indien und Afrika haben gerade Familien der untersten Bevölkerungsschicht ihre Kinder in Privatschulen gebracht, die sich nicht am staatlichen Lehrplan orientieren."