Ein "Weißbuch" zur Frauenförderung und Gleichbehandlung in Wissenschaft und Forschung wurde gestern im Wissenschaftsministerium präsentiert. Basierend auf dem Status quo, werden von einer | wissenschaftlichen Arbeitsgruppe Maßnahmen zur Beseitigung von "Problemzonen" vorgeschlagen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Von einer Maturantinnen- und Absolventinnenberatung reichen die "Anreize" des Weißbuchs bis zur adäquaten Kinderbetreuung. Mittel sollen umverteilt und die Forschung besser organisiert werden.
Der Frauenanteil an Österreichs Universitäten ist seit 1970 gestiegen. Die tatsächliche Präsenz weiblicher Gesichter korreliert hingegen mit der Hierarchieebene: Je höher die Position, umso weniger
Frauen sind vertreten. Mehr als die Hälfte der Studienanfänger sind Frauen (58 Prozent). Mehrheitlich Männer schließen das Studium ab (48 Prozent Frauen). Der Anteil der Frauen unter den Assistenten
beträgt 23 Prozent, bei den Professoren gar nur 4,4 Prozent.
"Die weibliche Sozialisation schlägt zu", meinte Eva Kreisky, Geschlechterforscherin und Prodekanin an der Grund- und Integrativwissenschaftlichen (Gruwi) Fakultät. Sie führt den niedrigen
Frauenanteil in der Wissenschaft unter anderem auf die spezifisch weibliche Biografie zurück, die vielfach durch zumindest eine Zäsur aufgrund von Karenz gekennzeichnet ist. Mit Sorge blickt sie der
Einführung des dreigliedrigen Bakkalaureat (Bachelor-Master-Doktor) entgegen. Studentinnen würden dann verstärkt nur mit dem Bachelor abschließen.
Wissenschaftsminister Caspar Einem ist jedoch guter Dinge. Er will "trotz und wegen des gesellschaftlichen Umfeldes" etwas tun und "endlich das gesamte Potential an Intelligenz fördern", damit so
etwas wie "Chancengleichheit" entstehe. "Vielleicht kümmern sich ja auch die Männer um die Kinder, die sie gezeugt haben."
Die Forderung nach Chancengleichheit auf europäischer Ebene ist im Amsterdamer Vertrag verankert, betonte SP-EU-Kandidatin Christa Prets. Beim Treffen der Forschungsminister vor zwei Wochen wurde
eine 40-Prozent-Quote festgeschrieben. Im Vordergrund stünden aber nicht Quotenvorschriften, sondern das zu erreichende Ziel.
Für sogenannte frauenuntypische Studien sollen Mädchen durch verstärkte Information gewonnen werden, nach dem Beispiel des Projekts "Frauen in der Technik" (F.I.T.) an der Grazer Technischen
Universität. Frauen sollen im Studium besser betreut werden, denn, so Einem, "männliche Netzwerke gibt's zuhauf". Die frauenfördernden Wissenschafter stellen sich "Mentoring" in Form von
kostengünstigen Tutorien oder Graduiertenkollegs nach deutschem Vorbild vor · für Einem die teuerste Maßnahme "neben dem Kindergarten". Die Habilitation (die Erlangung der Lehrbefugnis an
Hochschulen) soll als Hürde · insbesondere in Disziplinen, die umfassende Einzelwerke erfordern · abgeschafft werden. In der zuständigen Kommission könnten Kandidaten aufgrund des fehlenden Quorums
oft nicht habilitiert werden, berichtete der Politologe Peter Gerlich der "Wiener Zeitung".
Von den im Weißbuch vorgeschlagenen 25 Maßnahmen sollen elf sofort umgesetzt werden.