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Forschen abseits der Sharia

Von Stefan Beig

Wissen

Erste koedukative Uni Saudi-Arabiens. | Wien. In jeder Hinsicht innovativ präsentiert sich die neue König Abdullah Universität für Wissenschaft und Technologie in Thuwal, 120 Kilometer nordöstlich von Mekka. Namensgeber der in nur zwei Jahren aus dem Wüstensand gestampften Forschungseinrichtung ist Abdullah ibn Abd al-Aziz, Saudi-Arabiens König und Premier.


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"Vor 25 Jahren habe ich zum ersten Mal von dieser Universität geträumt", erklärte Abdullah bei der gigantischen Eröffnungszeremonie Ende September, zu der 3000 Gäste, darunter 20 Staats- und Regierungschefs, kamen. Das majestätische Gelände von 26 Quadratkilometern soll bis zu 13.000 Studenten aus aller Welt aufnehmen, die ein Campus am Roten Meer erwartet. Um die zahlreichen, in modernste Architektur eingehüllten High-Tech-Labore zu finanzieren, steuerte der saudische Monarch zehn Milliarden Dollar bei.

"Wir wollen die wissenschaftliche Weltelite, die genialsten Köpfe hier versammeln", meinte der im Aufsichtsrat sitzende Öl-Minister Ali Al Naimi. Auf weibliche Intelligenz möchte man keinesfalls verzichten, das zeigen einige für saudische Verhältnisse geradezu revolutionäre Freiheiten: Erstmals in Saudi-Arabiens Geschichte können beide Geschlechter gemeinsam studieren und den Vorlesungen in einem vereinten Hörsaal folgen. Frauen am Steuer und in Fitness-Centern sind ebenfalls landesweites Unikum, bei der Campus-Einfahrt gilt nicht einmal die Kopftuch-Pflicht.

Öl sprudelt nicht ewig

Der interdisziplinäre Ansatz ähnelt Eliteeinrichtungen wie der Rockefeller University in New York, dem israelischen Weizmann-Institut oder dem neuen Institute of Science and Technology Austria in Gugging. Statt in klassisch-universitären Fakultäten arbeiten Forscher verschiedener Disziplinen in vier Wissenschafts-Clustern, deren Aufgabenstellung Saudi-Arabiens Zukunftssorgen offenbart: "Energie, Umwelt und Klima", "Wasserknappheit", "Biowissenschaft und Nahrungsmittel" und "Meeresforschung und Schutz der Meeresumwelt".

Auch die Ölquellen sprudeln nicht ewig, folglich zählt effiziente Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu den Hauptanliegen des Königs. Die Uni ging bereits Partnerschaften mit der TU München, der National University of Singapore, dem Indian Institute of Technology oder der American University in Kairo ein. Eine Kooperation mit Israel, das als Pionier bei Solar-Energie und Bewässerungssystemen gilt, ist aber kein Thema, da mit dem jüdischen Staat keine diplomatischen Beziehungen bestehen.