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Forscher für Gen-Veränderungen an Menschen

Von Eva Stanzl

Wissen

Science Fiction wird Wirklichkeit: US-Expertengremium unterstützt Eingriffe in die Keimbahn, die vererbt werden.


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Washington/Wien. Mit einem Schnitt ins Erbgut zum Kind von morgen: Eine Expertenkommission der US-Akademie der Wissenschaften empfiehlt Eingriffe in die menschliche Keimbahn, um Erbkrankheiten zu verhindern.

Die Keimbahn ist eine Abfolge von Zellen, die von der befruchteten Eizelle zur Bildung seiner Keimdrüsen und der darin gebildeten Geschlechtszellen führt, mit denen die Eltern ihr Erbgut an ihre Kinder weitergeben. Somit werden auch Keimbahn-Veränderungen an Embryonen durchgeführt, die im Zuge der künstlichen Befruchtung weitergegeben werden.

Noch Ende 2015 hatten Forscher beim Internationalen Gene-Editing-Gipfel beschlossen, von der Methode Abstand zu nehmen. Das jetzige Positionspapier mit dem Titel "Human Genome Editing: Wissenschaft, Ethik und Steuerung" legt das Gegenteil nahe. Forscher renommierter Universitäten wollen den irreversiblen Schnitt als medizinische Behandlung ins Auge fassen, anstatt sie wegen ethischer Bedenken pauschal zu verbieten. "Klinische Versuche zu Eingriffen in die menschliche Keimbahn - also das Hinzufügen, Entfernen oder Ersetzen von DNA-Basenpaaren bei befruchteten Eizellen oder frühen Embryonen - könnten künftig zur Behandlung von schweren Erbkrankheiten erlaubt werden", heißt es in einer Aussendung der National Academy of Sciences.

Der Hintergrund ist die Genschere CRISPR-Cas9. Mit der Methode lässt sich das Erbgut einfacher und präziser umschreiben denn je. Wenn man sich vorstellt, dass unsere DNA eine komplette Enzyklopädie wäre, kann CRISPR-Cas9 einen einzigen Buchstaben auf einer bestimmten Seite verändern. Die Hoffnung ist, unheilbare Krankheiten wie Chorea Huntington, die Schmetterlingskrankheit oder Mukoviszidose, die die Leben Betroffener auf das Extremste erschweren, auszuschalten. "Früher konnten wir all dies nicht, also mussten wir nicht darüber nachdenken", sagt Komiteemitglied Richard Hynes vom Massachusetts Institute of Technology zur "New York Times". "Aber heute können wir schon viel mehr. Daher müssen wir sicherstellen, dass Eingriffe in die Keimbahn richtig, nicht falsch, eingesetzt werden."

Kritiker fürchten Dammbruch

Heute schreiben Grundlagenforscher das Erbgut in Zellkulturen um. Auch Gen-Therapien an somatischen Zellen, die nicht vererbbar sind, werden entwickelt. Eingriffe in die Keimbahn sind allerdings in den meisten Ländern verboten. Kritiker befürchten einen ethischen Dammbruch in Richtung einer genetisch manipulierten Menschheit.

"Wir sind noch nicht in der Lage, Keimbahn-Eingriffe am Menschen zu testen", heißt es in dem Bericht. Einzig das britische Francis Crick Institute hat derzeit eine Lizenz für Experimente mit Genmanipulationen an Embryonen, die aus der künstlichen Befruchtung übrig sind und nach sieben Tagen wieder zerstört werden müssen. "Die Technologie entwickelt sich allerdings so schnell, dass Keimbahn-Veränderungen bald realistisch sein könnten", halten die US-Forscher fest.

Für den Fall, dass sie eines Tages erlaubt werden sollte, legen sie Kriterien fest, unter denen die Genschere ansetzen könnte. Demnach muss eine Keimbahn-Therapie die einzige Möglichkeit darstellen, um Betroffenen zu helfen. Es dürfen nur Gene manipuliert werden, die für eine Erkrankung kodieren, und es müssen klinische Daten zu Wirksamkeit und Risiken vorliegen. Klinische Versuche dürfen nur unter strenger Beaufsichtigung erfolgen und um die Auswirkungen einschätzen zu können, müssen soziale und gesundheitliche Konsequenzen über Generationen geprüft werden.