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Häupl und Brauner wollen mit "wissensorientierter Ökonomie" der Arbeitslosigkeit trotzen.
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Wien. Wien hat österreichweit die höchste Arbeitslosenrate. Inklusive der Schulungsteilnehmer haben 16,2 Prozent der Wiener Bevölkerung keinen Job. Dass die Stadt damit europaweit trotzdem noch am besten dasteht, ist selbst für die Wiener SPÖ nur ein schwacher Trost.
Und während die ÖVP immer wieder zur Sparsamkeit trommelt und etwa endlich eine Reform der Beamtenpensionen fordert und die FPÖ mit Gebührensenkungen die Kaufkraft der Wiener stärken will, hält man bei der SPÖ weiter an Investitionen in Bildung und Forschung fest und versucht, die "wissensbasierte Ökonomie" voranzutreiben. 3,4 Prozent des BIP gibt Wien für die Forschung aus - und liegt damit im europäischen Spitzenfeld: Nur zwei finnische Städte befinden sich hier im Ranking vor der Bundeshauptstadt, wie Bürgermeister Michael Häupl und Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner am Donnerstag vor Journalisten betonten.
"Innovation ist der Kern einer wachsenden Wirtschaft", zeigte sich Häupl überzeugt. Und wie Brauner erklärte, würden 80 Prozent des Wirtschaftswachstums von Innovation getrieben. Deswegen habe man in den vergangenen Jahren alles daran gesetzt, dass sich die Zahl der forschenden Betriebe in den vergangenen 15 Jahren verdreifacht habe. Auch die Zahl der Beschäftigten im Bereich von Wissenschaft und Forschung sei seit 1998 um 60 Prozent auf 40.000 angestiegen. "Und 37 Prozent aller im Bereich Forschung und Entwicklung Beschäftigen sind bei uns in Wien".
Die Tatsache, dass 54 Prozent der Arbeitslosen nur einen Pflichtschulabschluss haben, ist für Brauner der Beweis, dass Ausbildung die wichtigste Voraussetzung ist, um am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Einmal mehr nannte sie den Qualifikationsplan sowie die Angebote des Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds (waff) als wirksames Instrument gegen Arbeitslosigkeit. Immerhin habe Wien trotz hoher Arbeitslosigkeit die höchste Beschäftigungsquote seit 1946, betonte Brauner. Die Unterstützung der Wirtschaftsagentur für rund 500 Projekte im Bereich Forschung und Entwicklung habe seit 2010 rund 3000 Arbeitsplätze geschaffen. Dabei hätte die Fördersumme von 50 Millionen Euro mehr als 185 Millionen an Folgeinvestitionen ausgelöst, betonte Brauner.
"Mythos Brain Drain"
Das wiederum habe Wien als Wirtschaftsstandort sowohl für Unternehmen als auch für Fachpersonal attraktiver gemacht. Dass Wien keinen Brain Drain schafft - also eine substanzielle Zuwanderung von Hochqualifizierten - ist für Brauner ein Mythos. "Seit 2012 sind zwar 700 Akademiker weggegangen, aber es sind auf der anderen Seite auch 10.700 zugewandert", betonte die Stadträtin.
Als Untermauerung der Attraktivität Wiens als Wirtschaftsstandort, haben Häupl und Brauner den Generaldirektor des Regional Center Vienna vom Pharma-Unternehmen Boehringer Ingelheim eingeladen, um über die Beweggründe des Konzerns, jährlich 200 Millionen Euro in die Wiener Forschung zu investieren, zu sprechen. "Wien hat in den vergangenen Jahren großes Know How und Fachwissen im technischen Bereich angeeignet", erklärte Philipp von Lattorff. Denn generell koste es immer Zeit und Geld, um geeignetes Fachpersonal zu finden. In Wien gebe es dafür ein "gutes, durchschnittliches Niveau".
Als weitere Standortvorteile nannte er die Forschungsförderungen, aber auch die hohe Lebensqualität in der Stadt, die dem einen oder anderen internationalen Wissenschafter die Wahl zwischen Wien oder einer anderen Stadt in den USA, Japan oder China leicht machen würde. Auch die Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten in Wien seien sehr wichtig für sein Unternehmen.
Hohe Lohnnebenkosten
Was die hohen Steuern und die Lohnnebenkosten betrifft, meinte Lattorff dann aber doch ein wenig kritisch: "Da werden wir noch sehen, wie sich das weiterentwickelt." Insgesamt seien es aber die langfristig stabilen Rahmenbedingungen, die einen Standort für einen Konzern wie Boehringer Ingelheim interessant machen würden; schließlich könne die Entwicklung eines medizinischen Produktes bis zu 15 Jahre dauern.