Ein ganz moderner Zweig der Arbeit von Wissenschaftern. | Ob in Ägypten, Peru oder Österreich, überall gibt es noch viel zu entdecken.
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Wien. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass US-Archäologen in Ägypten 17 bis dahin unbekannte Pyramiden entdeckt haben. Im heurigen Februar berichteten japanische Forscher von sensationellen neuen Funden in Peru. In der Region der bereits bekannten Nasca-Scharrbilder etwa 460 Kilometer südlich der Hauptstadt Lima orteten sie weitere zahlreiche, vermutlich mehr als 2000 Jahre alte Hügelanlagen sowie in den Wüstenboden geritzte kilometerlange Linien und Geoglyphen (Bilder von Tieren, aber auch Menschen).
Gemeinsam ist diesen Entdeckungen, dass sie der Luftbildarchäologie zu verdanken sind, Aufnahmen von Flugzeugen oder Satelliten, wie sie erst in moderner Zeit zu Hilfsmitteln der Forschung geworden sind. Der britische Pilot Osbert Crawford, der nach dem Ersten Weltkrieg archäologische Fundstätten in England vom Flugzeug aus fotografierte, gilt als Begründer, der Deutsch-Amerikaner Erich Friedrich Schmidt, berühmt durch seine Beteiligung an den Ausgrabungen in Persepolis, als wichtiger Pionier der wissenschaftlichen Luftbildarchäologie.
Aufnahmen müssen jedenfalls immer erst ausgewertet werden, was mitunter erst nach Jahren passiert. Dabei kann jeder zum Hobbyarchäologen werden: 2005 erkundete ein junger Italiener auf dem Computer mit dem Programm „Google Earth” die Umgebung seiner Heimatstadt Parma, wobei ihm in der Nähe des Dörfchens Sorbolo eine seltsame Form am Boden auffiel. Von ihm informierte Archäologen eines Museums in Parma nahmen die Stelle in Augenschein und gruben dort prompt eine antike römische Villa aus.
Auch in Österreich nahmen zunächst Hobbyarchäologen - etwa schon in der Zwischenkriegszeit der Zahnarzt und Mitbegründer des Burgenländischen Landesmuseums Friedrich Hautmann - Luftbilder für ihre Forschungen zu Hilfe.
Die Lufthoheit lag lange Zeit ganz beim Militär, ohne dessen Erlaubnis viele Jahre keine Luftbilder veröffentlicht werden durften. Für den Wiener Archäologen Michael Doneus begann die wissenschaftliche Luftbildarchäologie in Österreich in den frühen 1960er Jahren. Etwas später kam es zu einer Kooperation zwischen dem Verteidigungsministerium und dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien, an dem Doneus das Luftbildarchiv leitet. Dieses Archiv umfasst heute schon mehr als 200.000 Senkrecht- und Schrägaufnahmen, die einen Großteil Österreichs abbilden.
Kreisgräben, Carnuntum
Aus Sicht von Doneus hat sich die Luftbildarchäologie in Österreich vor allem in zwei Bereichen besonders hervorgetan: bei der Erforschung steinzeitlicher Kreisgrabenanlagen und bei der Kartierung der römischen Stadt Carnuntum. Die Kreisgrabenanlagen wurden zum größten Teil erst aus der Luft entdeckt. Besonders ergiebig war dabei das Jahr 1981, als es aufgrund der Trockenheit im Frühjahr sinnvoll erschien, das gesamte nördliche Niederösterreich zwischen dem Manhartsberg und Wien auf Senkrechtaufnahmen zu dokumentieren.
Es empfiehlt sich, so Doneus, ein Gebiet mehrmals zu überfliegen und zu fotografieren, denn je nach Wetterlage, Bodenfeuchtigkeit und Bewuchs sind Spuren, die menschliche Eingriffe im Boden hinterlassen haben, von Tag zu Tag unterschiedlich erkennbar. In Österreich arbeitet laut Doneus die Forschung mit Flugzeugbildern, kaum mit Satellitenfotos, da diese teuer und oft auch nicht so deutlich seien.
Denkmalschutz-Bezug
Der erfahrene Luftbildarchäologe könne, wenn der Kontrast im Boden noch groß genug ist, auch 6000 Jahre alte Objekte noch identifizieren und meist Alter und Charakter einer Fundstätte gleich erkennen, sagt Doneus. Ein awarisches Gräberfeld, wie es derzeit aufgrund einer früheren Luftaufnahme im Raum Frohsdorf bei Wiener Neustadt freigelegt wird, sieht anders aus als Grabstätten aus anderen Epochen, eine römische Villa hat einen typischen Grundriss, der sie von anderen Bauwerken unterscheidet.
Luftbildarchäologie steht in enger Verbindung zum Denkmalschutz. Weist die Auswertung eines Bildes auf ein interessantes Objekt hin, entscheidet das Denkmalamt über eine etwaige Unterschutzstellung. Wie bald eine Grabung erfolgt, hängt vom Forschungsinteresse ab. Droht in der Region ein Bauprojekt, wird eventuell sehr rasch gegraben.