Zum Hauptinhalt springen

"Forschung braucht mehr Privatgelder"

Von Christian Rösner

Politik

WWTF-Geschäftsführer geht hart ins Gericht mit heimischen Privatstiftungen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) feiert heuer seinen 10. Geburtstag. Und er ist laut Bürgermeister Michael Häupl der einzige Fonds in Österreich, der zu 75 Prozent aus Privatmittel finanziert wird. "Ein höheres finanzielles Engagement vor allem bei der Grundlagenforschung wäre sehr wünschenswert", sagte Häupl am Dienstag in Wien.

WWTF-Geschäftsführer Michael Stampfer zeigte sich da schon kritischer und ging im Interview mit der "Wiener Zeitung" mit der Privatstiftungslandschaft in Österreich hart ins Gericht.

"Wiener Zeitung": Sie haben von deprimierenden Zahlen im Zusammenhang mit den Privatstiftungen in Österreich gesprochen - welche Zahlen haben sie konkret gemeint?

Michael Stampfer: Es gibt einige Studien, die zeigen, was der privat-gemeinnützige Sektor in verschiedenen Ländern im Bereich der Wissenschaft ausmacht. Und bei uns haben wir das Worst-Case-Szenario.

Und zwar?

Erstens ist das Vermögen aufgrund der Vermögensvernichtungen im 20. Jahrhundert in Österreich jung. Das ist in der Regel schlecht für die Gemeinnützigkeit. Zweitens leben wir in einem Kulturkreis, in dem die Menschen lieber ihr Geld verstecken, anstatt einen Teil davon herzuzeigen, indem man es verschenkt. Und der dritte Punkt ist der Rechtsrahmen: Während in anderen Ländern förderliche Bedingungen für Stiftungen und Gemeinnützigkeit geschaffen werden, haben bei uns die Stiftungen nur den Zweck, das Vermögen zu sichern und den Erbgang zu beeinflussen.

Dafür sind wir aber auch ein reiches Landmit relativ hohen Steuern und Einkommen ...

Eine aktuelle Studie der Österreichischen Nationalbank zur Vermögensaufteilung in Österreich zeigt, dass die Vermögensungleichheit sich durch die Darstellung der Einkommensungleichheit überhaupt nicht ableiten lässt. Das heißt, immer wenn wir damit zufrieden sind, dass die Einkommensunterschiede bei uns nicht so groß sind, blenden wir aus, dass die Vermögensunterschiede dennoch gewaltig sind. Daraus ergibt sich für mich eine Verpflichtung derer, die Vermögen haben, entweder ordentlich Steuern zu zahlen oder ein Stück weit zum Gemeinwohl beizutragen. Man kann schließlich den Kuchen nicht gleichzeitig besitzen und essen. Die Wissenschaftsförderung wäre eine gute Möglichkeit für die Wohlhabenden, dem Land, in dem sie leben, auch etwas zurückzugeben.

Es soll also jeder Wohlhabende eine Stiftung gründen, um damit im besten Fall die Forschung zu unterstützen?

Es gibt große Unternehmen, die solche Stiftungen einrichten können. Da geht es nicht um Privatleute - in Deutschland heißen sie Volkswagenstiftung, Bosch-Stiftung, Thyssen-Stiftung, Krupp-Stiftung. Das ist kein zu Geld gekommener Schotterhändler, der sein Vermögen bewahren will, sondern das sind großindustrielle Strukturen, wo aus der erfolgreichen hundertjährigen Firmengeschichte einmal eine Stiftung für gemeinnützige Zwecke eingerichtet wurde.

Bürgermeister Häupl sprach von einer gewünschten Verdreifachung der WWTF-Mittel - würden Sie mit dieser Summe das Konzept der Fördereinrichtung verändern?

Das Grundkonzept würde bleiben. Bei dem, was wir jetzt tun, ist Luft nach oben. Wir würden wahrscheinlich bei den Ausschreibungen noch attraktivere Reinhol-Pakete machen, um den Standort Wien mit noch mehr internationalen Forschern zu unterstützen. Gerade im Bereich der biomedizinischen Forschung würden wir gerne mehr machen können. Und auch im Bereich der Infrastruktur würden zusätzliche Investitionen nicht schaden.