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"Forschung braucht um 150 Millionen mehr im Jahr"

Von Eva Stanzl

Wissen

Vorsitzender Androsch: "Budget sind nicht in Stein gemeißelt." | Mehr internationale Vernetzung angebracht. | Langenlois/Wien. Auch wenn sie noch so gefürchtet sind, sind Spar-Budgets nicht in Stein gemeißelt. Zumindest nicht, wenn es nach Ex-Finanzminister Hannes Androsch: "Wenn die Regierung ihr Ziel einer Forschungsquote von 3,76 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2020 erreichen will, raten wir dringend, die Dotierung zu ändern", sagte der Vorsitzende des Rats für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) zur "Wiener Zeitung" nach der ersten Klausur des neu formierten Gremiums am Donnerstag. | Kommentar: Ringelspiel im Wasserglas


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Insgesamt gab Österreich 2010 7,8 Milliarden Euro für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung aus. 2011 bleibt diese Zahl in etwa gleich. Damit Österreich eine der führenden Forschungsnationen Europas werden könne, müsse die verloren gegangene Dynamik einer jährlich steigenden Finanzierung wieder aufgenommen werden. Pro Jahr müssten 100 bis 150 Millionen Euro dazukommen, betont Androsch - von der öffentlichen Hand, den Ländern und der Wirtschaft.

Konkret empfiehlt der Rat eine bessere Dotierung der Akademie der Wissenschaften, der Ludwig Boltzmann-Gesellschaft, der Christian-Doppler-Gesellschaft und der Unis. Jedoch räumt der Industrielle ein: "Es geht um mehrjährige Planungssicherheit, die Empfehlung bezieht sich auf die Budgets der kommenden Jahre."

Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? "Manche Gelder sind nicht abgeholt wurden, hier lässt sich etwas bewegen", sagt Androsch. Er verweist zudem einmal auf verjährte Strukturen, die den Staat jährlich 20 Milliarden Euro kosten - etwa in der Verwaltung, durch Missbrauch bei der Hacklerregelung oder ein reformbedürftiges Dienstrecht in Staatsbetrieben. Auch an Universitäten ortet er Schritte in die falsche Richtung: Etwa hätte die Ausgliederung der Medizinunis zur Folge gehabt, dass Verwaltungspersonal dazugekommen, Ärzteposten aber gestrichen worden seien.

Das für die Forschungsdynamik nötige qualifizierte Personal, insbesondere aus Technik und Naturwissenschaften, müsse von den Unis kommen. Hier ortet der Rat dringenden Aufholbedarf, jedoch fehlt auch hier das Geld. Von den geplanten zwei Prozent des BIP, die die Regierung für den tertiären Sektor vorgegeben hat, "sind wir um zwei Milliarden Euro entfernt", kritisiert der RFT-Chef.

Empfehlungen bis März

Da die Mittel immer limitiert sein werden, müsse die Effizienz erhöht werden. Androsch warnt vor "Parallelstrukturen". Konkret: "Wenn wir ein Zentrum für Kunststofftechnik in Leoben haben, brauchen wir nicht mit dem Argument des Wettbewerbs woanders ein zweites aufbauen. Die Konkurrenz ist international, nicht national." Langfristig sei eine Konzentration der Standorte das Ziel: "Institute innerhalb des Landes dürfen sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen."

In der Folge müsse sich Österreichs Forschung stärker international vernetzen, das EU-Rahmenprogramm voll ausschöpfen und global kooperieren. Zur Unterstützung sollten "Wissenschafts-Botschaften" Österreichs im Ausland geschaffen werden. Derzeit existiert je ein "Office of Science and Technology" (OST) in Washington und in Brüssel. Der Rat empfiehlt ein weiteres OST in China. Bis Mitte März will der Rat seine Empfehlungen der Regierung vorlegen. Und dann schärfstens auf deren Umsetzung achten, "sonst braucht man den Rat nicht. Wenn nichts passiert, werden wir das öffentlich machen", betont Androsch.