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Forschung soll mehr bringen

Von Eva Stanzl

Wissen

Hohe Investitionen, mäßige Resultate: Der Forschungsrat ortet Ineffizienz und fordert Reformen.


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Wien. Wenn die Partner der Koalitionsverhandlungen die politischen Bausteine für Wissenschaft und Innovation neu zusammensetzen, dürfte sich die Diskussion um Effizienzsteigerungen drehen. Manche Strukturen sind von gestern und es wird zu viel Geld für zu wenig Ergebnis ausgegeben, betont der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) in einer am Donnerstag veröffentlichten Empfehlung. Das Beratungsgremium der Regierung urgiert wissenschafts-, forschungs- und innovationspolitische Reformen.

Das achtköpfige Team verlangt eine Strategie für Forschung, Technologie und Innovation (FTI) bis 2030 mit konkreten Zielvorgaben, mehr Personal und ein "Zugangsmanagement" für Universitäten sowie die Beseitigung von Mehrfachstrukturen in der Forschungsförderung. Darüber hinaus müssten die Mittel für Grundlagenforschung angehoben werden.

"Die derzeitige Forschungsstrategie gilt bis 2020, somit ist sie zu Beginn der neuen Legislaturperiode im Auslaufen. Da die nächste Strategie einen Vorlauf hat, empfehlen wir, mit der Arbeit zu beginnen", sagte RFT-Chef Hannes Androsch am Rande eines Treffens des Gremiums in Linz im Telefonat mit der "Wiener Zeitung": "Inwieweit die Koalitionspartner bereit sind, unsere Empfehlungen umzusetzen, wird sich weisen."

Im Oktober 2009 hatte die Regierung eine FTI-Strategie mit 74 Zielsetzungen beschlossen, die Österreich bis 2020 zu einem führenden Innovations- und Forschungsland machen sollten. Der Rat ortet eine "Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit", denn die wichtigsten Zielsetzungen seien nicht erreicht.

Stärkung der Grundlagen

Im "European Innovation Scoreboard" (EIS) belegt Österreich Platz Sieben und ist somit nicht Spitze, sondern oberes Mittelfeld. Das Land stünde in derselben Position wie zu Beginn der Strategie vor acht Jahren, hebt der Rat hervor. Die Universitäten sind sogar zurückgefallen: Als beste heimische Hochschule fiel die Uni Wien im "Times Higher Education Ranking" zuletzt um vier Plätze auf Rang 165. "Für ein Hocheinkommensland ist das niedrig", lautet der Befund. Dabei mangelt es nicht an Investitionen: Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen ist Österreich bei den Forschungsausgaben unter den besten fünf in der EU und weltweit unter den besten elf. Laut Statistik Austria werden die gesamten Forschungsausgaben 2017 bei einem Rekord von 11,33 Milliarden Euro liegen - die Forschungsquote liege bei 3,14 Prozent. Nur in Schweden, Japan und Südkorea ist dieser Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch höher.

Jedoch kommt in diesen drei Ländern offenbar mehr heraus. "Die österreichische Innovationsperformance hat sich seit 2009 nicht verbessert", heißt es in den Empfehlungen. Das viele Geld bringe nur mittelmäßig viele Innovationen, Publikationen und Patente. Im Input-Output-Verhältnis des EIS reiht Österreich auf Rang 11, bei den wirtschaftlichen Effekten der Forschung sogar nur auf Platz 15 von 28.

Damit Forschung mehr bringt, müsse bei den Hochschulen begonnen werden. "Die Belastung der Universitäten durch die verhältnismäßig hohe Anzahl an Studierenden und die vergleichsweise geringen finanziellen und personellen Ressourcen ist enorm. Dass darunter auch die Forschungsleistung leidet, ist wenig verwunderlich", heißt es. Überproportional viele Ressourcen seien dagegen in Verwaltung und Lehre gebunden.

Der Forschungsrat verlangt eine Ausweitung der Mittel auf zwei Prozent des BIP für den tertiären Bereich. Er empfiehlt zugleich "die Einführung und konsequente Umsetzung eines kapazitäts- und qualitätsorientierten Studienplatzmanagements" und die "Auswahl der am besten geeigneten Studierenden" nach Kriterien von Motivation, Leistungsbereitschaft und Talent. Eine Verbesserung der Betreuungsverhältnisse und der Ausbau von Laufbahnstellen müssten zu kürzerer Studiendauer und besseren Karrierechancen beitragen. Der Rat empfiehlt einen Ausbau des Fachhochschulsektors zur Umlenkung der Studentenströme.

In der Forschungsförderung ortet das Gremium "Überregulierung, Zersplitterungen, unklare Zuständigkeiten und ein komplexes, nicht harmonisiertes Regelwerk". Während der Großteil der Bundesmittel über drei Förderagenturen (FWF, FFG und AWS) fließe, würden die vergleichsweise geringen Mittel der Länder über 14 Rechtsträger abgewickelt. 136 Forschungsprogrammen von Bund und Ländern mit unterschiedlichen Zielen würden zu einem "Förderdschungel" führen. Auch die Verteilung der Mittel könnte besser sein: Während die Dotierung der Grundlagenforschung seit Jahren stagniere, würde jene für angewandte Forschung steigen. Das Gremium fordert eine "deutliche Erhöhung von Drittmitteln in der Grundlagenforschung auf das Niveau führender Länder".