Gremium will nur noch "mit einer Stimme sprechen". | Wien. "Österreich könnte als einziges EU-Land das Ziel von drei Prozent Forschungsquote erreichen", betont Knut Consemüller, Vorsitzender des Rats für Forschung und Technologieentwicklung, gegenüber der "Wiener Zeitung".
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Die Aussage überrascht. Denn angesichts der Wirtschaftskrise und der zurückgenommenen Forschungsausgaben hatten Experten das EU-Ziel von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts schon als unrealistisch abgeschrieben. In Zahlen: Die heimischen Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) sollen heuer 2,73 Prozent des BIP erreichen. Damit werden heuer voraussichtlich 7,652 Mrd. Euro für in Österreich durchgeführte Forschung ausgegeben. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von 1,8 Prozent. Von 2004 bis 2008 waren die F&E-Ausgaben durchschnittlich noch um jährlich 9,4 Prozent gewachsen.
Die Abschwächung ist auch auf Sparmaßnahmen der Wirtschaft zurückzuführen, die bisher 45 Prozent der Forschungsprojekte (im Wert von 3,44 Mrd. Euro) finanzierte. Die Konzerne kürzen aber wegen einer schlechteren Auftragslage ihre Forschungsinvestitionen. Consemüller hatte zuletzt einen Rückgang von mindestens 1,5 Prozent erwartet.
Neue Strategie für 2020
Nun soll es anders sein. Zumindest, wenn einer der Vorschläge in der Strategie 2020 umgesetzt wird, die am Montag präsentiert wird. Demnach zählen Kooperationen zwischen Wirtschaft und universitären Einrichtungen - etwa über die Christian-Doppler-Labors oder die Ludwig-Boltzmann-Institute - zu den Erfolgsgeschichten der Forschungspolitik, so ein Ratsmitglied. Da die Unternehmen nun aber ihre Investitionen im Rahmen dieser Kooperationen zurückfahren, bleiben der Bundesregierung bis zu 350 Mio. Euro übrig.
Der Rat fordert, dass dieses Geld in ein Sonderbudget Bildung und Forschung umgelegt werden soll. Das Geld könnte dementsprechend vor allem für risikoreiche Forschung sowie Forschungsprojekte, die viele Arbeitsplätze schaffen, besonders in Klein- und Mittelbetrieben, zur Verfügung stehen. Ferner sieht die Agenda die Erforschung eines neuen Gebiets vor, nämlich was Grundlagenforschung bringt und wie viel sie kostet.
Der vom Kabinett Schüssel I bestellte Forschungsrat war in der Vergangenheit unter Beschuss geraten, die Besetzung von der Folgeregierung in Frage gestellt worden. Mit der Strategie 2020 will das Gremium nun zeigen, dass es auch für diese Regierung unabkömmlich ist, oder, wie Ratsmitglied Gabriele Zuna-Kratky es formuliert: "Die Strategie soll der große Wurf sein."
Dabei soll der stellvertretende Vorsitzende Günter Bonn nicht mehr an vorderster Front auftreten. Laut eigenen Angaben will Bonn im Unterschied zu bisher weder an der Präsentation der Strategie in Wien noch beim Wirtschaftsforum in Alpbach teilnehmen. "Man hat mir mitgeteilt, dass die Stellungnahmen nach außen der Vorsitzende machen soll und ich war einverstanden", erklärt er auf Anfrage der "Wiener Zeitung". Consemüller gibt sich dazu betont gelassen: "Wir haben uns nach der letzten Pressekonferenz auf eine einheitliche Vorgangsweise geeinigt." Zu dem Termin im Mai hatte Bonn scharfe Worte zum Ausstieg aus dem Teilchenbeschleuniger Cern fallen gelassen, die dem Vernehmen nach nicht abgesprochen waren.
Ratsmitglied Jürgen Stockmar bringt es so auf den Punkt: "Die Erarbeitung der Strategie 2020 war nicht einfach, da die Ratsmitglieder alle eine ausgeprägte Meinung haben. Wir wollen die komplexe Thematik mit einer Stimme bekanntgeben - ohne Zwischentöne."