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Fortgesetzte Zweideutigkeit

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

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Mit der Vermutung, dass Udo Landbauer den größten Teil seiner politischen Karriere bereits hinter sich hat, geht man kein allzu großes Risiko ein. Einen Abgang noch vor der niederösterreichischen Landtagswahl am Sonntag haben zwar der freiheitliche Spitzenkandidat und die Spitzen der FPÖ ausgeschlossen, doch danach wird sich die FPÖ in Niederösterreich neu aufstellen. Schon aus Eigeninteresse: Mit Landbauer wird keine andere Partei zusammenarbeiten wollen.

Das Spiel der FPÖ mit den Grauzonen des Zulässigen, das Kokettieren mit dem Uneindeutigen in Bezug auf die roten Linien der Demokratie, die da heißen Antisemitismus und Rassismus im Allgemeinen sowie Relativierung oder Verharmlosung der NS-Ideologie im Besonderen, ist einmal mehr schiefgegangen.

Landbauer wähnt sich nun selbst im Visier einer "linken Meinungsdiktatur". Objektiv sprechen die bisher bekannten Tatsachen für sich und gegen den FPÖ-Spitzenkandidaten. Zu eindeutig unverhohlen antisemitisch sind die Texte einiger Lieder im Liederbuch von Landbauers deutschnationaler Pennäler-Burschenschaft. Wer für sich in Anspruch nimmt, politisch zu denken und zu handeln - und das gilt für die Person wie für die Burschenschaft -, kann sich dann nicht auf einen unpolitischen, ja geradezu naiven Standpunkt zurückziehen. Diese Rechtfertigung beleidigt die Intelligenz.

Die FPÖ hat sich vier Tage vor der Landtagswahl entschlossen, am Spitzenkandidaten festzuhalten. Wahrscheinlich steckt dahinter ein simples Kosten/Nutzen-Kalkül: Möglicherweise würde ein Rücktritt vor der Wahl tatsächlich mehr Stimmen kosten. Die FPÖ setzt auf Schadensbegrenzung, indem sie sich selbst als Opfer einer Kampagne ihrer politischen Gegner darstellt.

Langfristig hätte wohl ein schneller Rücktritt die größere Wirkung. Die FPÖ würde damit signalisieren, dass ihre zuletzt immer wieder beteuerte Abgrenzung gegenüber jeglichem extremistischen Gedankengut auch dann gilt, wenn es kurzfristig Stimmen kostet.

Vor allem aber wäre er - inmitten all der Uneindeutigkeiten und Zweideutigkeiten - ein eindeutiges Signal an alle freiheitlichen Funktionäre und Sympathisanten mit einer klaren Botschaft: Wer in der FPÖ eine Zukunft haben will, darf an rote Linien nicht einmal anstreifen. Diese Chance hat die FPÖ-Spitze verpasst.