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Fortschritt gegen Malaria

Von Richard E. Schneider

Wissen
Peter G. Kremsner (rechts) am Albert-Schweitzer-Spital in Lambarene, Gabun.
© Kremsner

Deutscher Experte spricht von einem "Meilenstein in der Malariaforschung".


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Tübingen. Ein neuer Malaria-Impfstoff namens RTS,S wirkt zuverlässig bei 31 Prozent der Säuglinge schwarzer Hautfarbe. Bei Kleinkindern im Alter von 5 bis 17 Monaten beträgt der Schutz sogar 55 Prozent. So lautet das überraschende Ergebnis einer klinischen Phase III-Studie mit dem neuen Impfstoff, die jüngst in Kapstadt, Südafrika, publiziert wurde. "Die Ergebnisse der Studie sind ein Meilenstein in der Malariaforschung, denn ein wirksamer Impfstoff könnte eine neue Ära der Malariabekämpfung einleiten", erläutert Peter G. Kremsner, Leiter des Instituts für Tropenmedizin an der Uniklinik Tübingen.

Sein Institut war als einziges in Deutschland an der Studie beteiligt, die jetzt im "New England Journal of Medicine" erschienen ist. Sie ist die weltweit bisher umfangreichste Untersuchung der endemischen Erkrankung, die 300 Millionen Patienten weltweit befällt und jedes Jahr rund 650.000 Menschenleben fordert.

Trotz des noch bescheidenen Zugewinns von 31 Prozent der Säuglinge im Alter von 6 bis 12 Wochen stellt diese Studie höchstwahrscheinlich einen Wendepunkt in der Bekämpfung der Malaria dar, denn bisher gab es noch keinen wirksamen Impfstoff gegen diese in den Tropen weit verbreitete Erkrankung. Beteiligt an den Forschungsarbeiten sind elf afrikanische Forschungszentren in sieben afrikanischen Ländern. Finanzielle Zuschüsse kamen vom Pharmakonzern Glaxo Smith Kline, der Path Malaria Vaccine Initiative sowie der Bill und Melinda Gates-Stiftung.

Wurde der Malaria-Impfstoff zur gleichen Zeit wie in diesem Alter übliche Impf-Seren verabreicht, betrug die Wirksamkeit von RTS,S gegen klinische oder schwere Malaria 31 Prozent beziehungsweise nach der dritten Impfung 37 Prozent. Geimpft wurde im Abstand von einem Monat. Die Beobachtungszeit betrug ein volles Jahr. 86 Prozent der Versuchspersonen benutzten auch Insekten-abtötende Betten.

Dass der neue Wirkstoff wirksam ist, zeigte bereits die Studie vom letzten Jahr, als Kinder im Alter von 5 bis 17 Monaten gegen klinische Malaria zu 55 Prozent und gegen die schwere Verlaufsform zu 47 Prozent geschützt werden konnten.

Abdullah Salim, einer der Studienleiter vom Ifakara Health Institute, Tansania, erklärte: "Die Studie zeigt, dass RTS,S helfen kann, Kleinkinder vor Malaria zu schützen. Es ist auch gut zu wissen, dass dieser Schutz zusätzlich zur Benutzung von Betten mit Moskitoschutz gewährt wird." Abdullah zeigte sich erfreut über die Fortschritte, verwies aber auch auf die hunderttausenden Toten, die Malaria jedes Jahr fordert, insbesondere Kinder unter fünf Jahren in den Regionen unterhalb der Sahara.

Schwere Nebenwirkungen traten bei RTS,S nicht häufiger als zuvor auf, leichtere Nebenwirkungen bei den Einstich-Stellen sogar seltener. Nur Fieber gab es nach RTS,S-Impfungen vermehrt (30,6 Prozent gegenüber 21,1 Prozent bei anderen Vakzinen).

Freude bei Mäzen Bill Gates

Auch US-Milliardär und Mäzen Bill Gates zeigte sich erfreut. Auch wenn die Wirksamkeit von RTS,S geringer sei als erhofft, so bleibe es ein erheblicher Fortschritt. Man müsse die Forschungsanstrengungen weiter fortsetzen und "herausfinden, ob und wie wir diesen Impfstoff einsetzen können". Darüber wird der Abschluss der Medikamentenstudie im nächsten Jahr weitere Informationen liefern. Im übernächsten Jahr soll es mehr Daten zum 30-Monate-Verlauf nach Verabreichung der dritten Dosis geben sowie die Ergebnisse einer Auffrischungsdosis, die zum Jahresende 2014 verfügbar sein soll.

Glaxo Smith Kline und Malaria Vaccine Initiative teilten bereits im Jahr 2010 mit, dass sie den neuen Impfstoff zum Selbstkostenpreis plus fünf Prozent für weiterführende Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an die Patienten abgeben wollen.