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Fossile Ferienfahrzeuge

Von Gerhard Schöttke

Gastkommentare
Gerhard Schöttke hat Maschinenbau und Umweltschutz studiert und sein Berufsleben als freiberuflicher Ingenieur mit dem Schreiben von Simulationsprogrammen für die Forschung zugebracht. Er lebt in der Nähe von Stuttgart.
© privat

E-Autos können bei längeren Urlaubsreisen noch nicht gegen Verbrenner punkten. Ihre Stärken liegen in kurzen Strecken.


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Die meisten Vergleiche zwischen E-Fahrzeugen und Verbrennern beruhen auf theoretischen Werten, die meist auf Prüfständen unter idealen Bedingungen ermittelt wurden und teilweise um hohe zweistellige Prozentwerte von den Realbedingungen abweichen. Deshalb soll hier anhand einer tatsächlich absolvierten Urlaubsreise ein Auto mit Verbrennungsmotor mit einem fiktiven Elektroauto verglichen werden.

Die Fahrt zum Jahreswechsel 2022/2023 mit einem Skoda Fabia (Baujahr 2008, Leistung: 44 Kilowatt, heutiger Neupreis: etwa 15.000 Euro) führte von Uhingen in Baden-Württemberg über Dresden zur Insel Usedom. Nach fünf Tagen Aufenthalt und Kurzstreckenbetrieb ging es weiter nach Blåvand in Dänemark. Nach neuntägigem Aufenthalt dort führte die Route zurück nach Uhingen. Die Gesamtstrecke betrug 2.860 Kilometer, auf der kompletten Reise wurde nie schneller als Tempo 130 gefahren. Dem wird ein theoretisches E-Auto (Reichweite: 300 Kilometer, Ladedauer: 3 Stunden, Verbrauch: 20 Kilowattstunden je 100 Kilometer, Neupreis: rund 50.000 Euro) gegenübergestellt, da ein vergleichbarer E-Kleinwagen mit hinreichender Reichweite derzeit nicht existiert.

Höherer Zeitbedarf und auch höhere Kosten

Für den ersten Streckenabschnitt von Uhingen nach Dresden (513 Kilometer) benötigte der Skoda wegen Staus 7 Stunden - das E-Auto bräuchte dafür aufgrund einer zwischenzeitlichen Batterieladung 9 Stunden. Die zweite, etwas kürzeren Etappe legte der Skoda in 5,5 Stunden zurück, mit 1,5 Stunden Ladezeit wären es beim E-Auto 7 Stunden. Auf dem dritten Abschnitt würde es fürs E-Auto knapp: 580 Kilometer mit nur einem Ladestopp ist sportlich. Die Zeit für die Strecke liegt bei 10,5 Stunden (davon 3 Stunden Ladezeit) gegenüber 7,5 Stunden mit dem Skoda. Die Rückfahrt musste aus Termingründen leider an einem Tag vorgenommen werden. Der Skoda absolvierte die 1.020 Kilometer in 11 Stunden, beim E-Auto wären es inklusive Ladestopps 18 Stunden gewesen - an einem Tag kaum machbar.

Die direkten Fahrzeugkosten (ohne Steuern, Versicherungen, Reparaturkosten usw.) für diese Urlaubsreise sind für den Skoda schnell ermittelt: Alle Tankrechnungen zusammen betragen 338,82 Euro. Die Anschaffungskosten des Fahrzeugs von 15.000 Euro geteilt durch die Laufleistung von 180.000 Kilometer betragen 8,33 Cent je Kilometer, was für 2.860 Kilometer einen Betrag von 238,33 Euro ausmacht. Die Gesamtkosten der Reise sind also beim Verbrenner mit 577,15 zu beziffern Euro.

Für das E-Auto würden für den Stromverbrauch etwa 600 Kilowattstunden anfallen, was dann rund 240 Euro Stromkosten für die Reise bedeuten würde. Die Anschaffungskosten lägen pro Kilometer bei 27,78 Cent, hier also ein Betrag von 794,44 Euro und in Summe für die gesamte Reise 1034.44 Euro.

Emissionen hängen vom Energiemix ab

Für die Berechnung der spezifischen CO2-Emissionen des E-Autos (in diesem Fall für Deutschland) wurde aus Daten von Statista, dem deutschen Bundesumweltamt und dem Weltklimarat der Energiemix für 2021 errechnet. Demnach liegen sie bei 434 Gramm je Kilowattstunde. Für unser Modellfahrzeug bedeutet dies bei dieser Reise CO2-Emissionen von 260,7 Kilogramm. Die Emissionen aus der Produktion des E-Autos werden mit 15 bis 16 Tonnen festgelegt, woraus sich mindestens 88,9 Gramm CO2 je Kilometer ergeben. In Summe emittiert das E-Auto also mindestens 499 Kilogramm, während für den Skoda bei 47,7 Kilogramm aus der Produktion 522,7 Kilogramm zu Buche stehen, was einer Einsparung von maximal 4,5 Prozent entspricht.

 

Die Emissionen verändern sich je nach Energiemix. Wird dabei Kernenergie durch Kohle ersetzt, bringt dies eine Steigerung der CO2-Emissionen mit sich. Um dies zu kompensieren, muss der Anteil der erneuerbaren Energieträger (Biomasse, Sonnenstrom, Wind- und Wasserkraft) gesteigert werden. Ohne Atomstrom im Mix steht das E-Auto jedenfalls bei den Emissionen deutlich schlechter da als der Verbrenner.

Ersatz der Kernkraft durch Kohle ist kontraproduktiv

Das Fazit aus dem Praxistest: E-Autos eignen sich aufgrund der Ladezeiten und der Reichweiten derzeit nicht als Urlaubsfahrzeuge. Ihre Stärke liegt im Stadtverkehr, um die Luftqualität in den Metropolen zu verbessern. In Sachen CO2-Bilanz liegt das E-Auto knapp vor dem Verbrenner. Die marginale Einsparung an CO2 erkauft man sich allerdings durch fast doppelte Kosten und einen erheblich größeren Zeitbedarf.

Der Ersatz der Kernkraft durch Kohle ist kontraproduktiv. Ein Verbrenner ist dann deutlich besser als ein E-Auto. Rechnet man mit ein, dass die Emissionen, die aus der Produktion resultieren, mit zunehmendem Anteil der Erneuerbaren ebenfalls etwas reduziert werden (was hier unberücksichtigt ist), so blieben bei einem Anteil von 100 Prozent regenerativen Energien immer noch rund 150 Kilogramm CO2 übrig, abgesehen davon, dass 100 Prozent Erneuerbare ohne Speicher nicht möglich sind. Ein mit E-Fuels betriebener Verbrenner ist da deutlich besser und hat aufgrund des vorhandenen Tankstellennetzes keine Reichweitenprobleme.