Neben dem Rätselraten um die Zukunft von FP-Klubobmann Peter Westenthaler sorgt nun auch eine Irak-Reise von Jörg Haider für Verwunderung. Dabei steht die schon traditionelle Aschermittwoch-Rede Haiders erst heute auf dem Programm.
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Vermeintliche und wirkliche Kenner der FPÖ haben in diesen Tagen Hochkonjunktur. Tatsächlich gibt es viel zu raten: Wie tief gehen die Wunden, die Parteichefin und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer und Jörg Haider Westenthaler im Zuge der Neubestellung der ORF-Führung zugefügt haben, wirklich? Was ist davon zu halten, dass Haider, Westenthalers politischer Ziehvater, sofort zwei Kandidaten als mögliche Nachfolger in den Medien platzierte? Und vor allem: Ist es dem Vollblutpolitiker Westenthaler diesmal mit seiner Rücktrittsdrohung tatsächlich ernst oder bedarf er nur des neuerlichen Liebesbeweises seiner Partei?
Als der Klubobmann dann gestern zum ersten Mal nach fünf Tagen - eine Ewigkeit, gemessen an seiner sonstigen medialen Präsenz - wieder persönlich sein Handy abhob, weigerte er sich hartnäckig, selbst die Antworten auf diese Fragen zu geben. Mehr als ein dürres "ich bin im Dienst" war Westenthaler nicht zu entlocken.
Diese offensichtliche Freude am öffentlichen Rätselraten, wird in der FPÖ selbst zunehmend mit Befremden aufgenommen. Generalsekretär Peter Sichrovsky, der noch am Montag von einer "wohl verdienten Ruhepause" Westenthalers gesprochen hatte und darauf prompt von dessen persönlicher Referentin widerlegt worden war, drehte gestern den Spiess um: Ebenfalls über eine Referentin liess er nun seinerseits verlauten, er wolle das Schweigen des Klubobmanns nicht mehr kommentieren. Schweigsam zeigte sich auch Verteidigungsminister und Vize-FP-Chef Herbert Scheibner.
VP-Klubobmann Andreas Khol hält die Rücktrittsabsicht für "Gerüchte." Er habe den FP-Klubobmann am Montag kurz getroffen und Parlamentsarbeit besprochen. Ironisch reagierte Peter Pilz von den Grünen auf die Situation: "Ich ersuche Peter Westenthaler in der Art der letzten sechs Tage weiter erfolgreich für Österreich zu arbeiten." Zusätzliche Nahrung erhielt die brodelnde Gerüchteküche auch durch die Abwesenheit der Parteichefin. Riess-Passer weilt derzeit in den USA.
Zu einem solchen scheint auch der Kärntner Landeshauptmann nicht bereit. Er traf gestern bei einem Kurzaufenthalt im Irak mit dem irakischen Vizepremier Tarek Aziz zusammen. Thema der Gespräche soll die "gegenwärtige internationale Lage" sein. Sichrovsky betonte in Wien, dass es sich hierbei weder um eine Reise des Landeshauptmanns noch des Alt-Parteiobmanns, sondern um eine "der Person Dr. Haider" handeln würde. Die amerikanische Botschaft in Wien nannte den Besuch Haiders "bedauerlich".
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel wollte diese "Privatreise" nicht kommentieren, das Außenministerium begrüßte allfällige "lösungsorientierte Gespräche" Haiders in Bagdad.
Die SPÖ kritisierte die "Ausritte schwarz-blauer Geheimdiplomatie."