Zum Hauptinhalt springen

FPÖ denkt nach Debakel an Absprung

Von Brigitte Pechar

Europaarchiv

Der FPÖ-Bundesparteivorstand wird sich heute mit den Konsequenzen aus dem Debakel bei der EU-Wahl am Sonntag befassen, morgen tagt der Parlamentsklub. Schon gestern wurden Zweifel an einer weiteren Regierungsbeteiligung laut und auch der Ruf nach Jörg Haider ertönte wieder. Die erfolgreiche Vorzugsstimmenkampagne von Andreas Mölzer, der anstelle von Kronberger für die FPÖ in das EU-Parlament zieht, macht eine Neupositionierung für die angeschlagene FPÖ nicht leichter.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der Absturz von 23,4 Prozent (1999) auf 6,3 Prozent bringt Unruhe in das Getriebe der FPÖ. Hinzu kommt die erfolgreiche Kampagne von Mölzer, der allein in Kärnten 6.211 der erforderlichen 10.910 Vorzugsstimmen, kassieren konnte. Gelungen ist ihm dies mit Hilfe der sogenannten "Kernschichten" der FPÖ, etwa den deutschnationalen Burschenschaften.

Der rechte Flügel, darunter Heinz-Christian Strache und Mölzer, fordert nun eine Rückkehr von Jörg Haider an die FPÖ-Spitze. Haider dürfe nicht auf der "Ersatzbank" sitzen bleiben, meinte etwa Strache, der eine strukturelle Erneuerung der Partei mit einem neuen Team forderte. Mölzer nannte Strache, die Kärntner "Gebrüder Scheuch", den Kärntner FP-Obmann Martin Strutz, Generalsekretärin Magda Bleckmann oder Oberösterreichs FP-Obmann Günther Steinkellner für den Fall, dass Haider nicht mehr will.

Strutz erteilte den Rufern nach Haider eine Abfuhr: Diesem sei die Übernahme der Bundespartei "nicht zuzumuten". Eine Erneuerung der Partei müsse aber erfolgen. Fett bekam dabei die Regierungsmannschaft ab: Diese sei bei Temelin umgefallen und habe die Ausländerpolitik nicht weiter verfolgt. Und die Bundespartei müsse sich ernsthaft die Frage stellen, ob ein Verbleib in der Regierung sinnvoll sei. Strutz deutete an, dass ein fliegender Wechsel der ÖVP zu den Grünen möglich sei, was Grünen-Chef Van der Bellen sofort zurückwies.

Die geschäftsführende Parteichefin Ursula Haubner sieht in der parteiinternen Kritik keine Rebellion, sondern eine übliche Analyse nach einer nicht erfolgreichen Wahl. Ansonsten wollte sie sich zur Führungsdiskussion nicht äußern. Damit würden die Gremien befasst.

Das Personal-Karussell hat sich aber schon zu drehen begonnen. Ein Wechsel im Generalsekretariat dürfte bevorstehen. Dem Vernehmen nach wird Magda Bleckmann aus privaten Gründen und seit langem geplant das Generalsekretariat abgeben. Als möglicher Nachfolger wurde der Kärntner Abgeordnete Uwe Scheuch genannt.

Der Koalitionspartner ÖVP hielt sich zur Diskussion um einen Regierungswechsel bedeckt. Lediglich Oberösterreichs LH Josef Pühringer riet der FPÖ ab, "das Handtuch zu werfen". Neuwahlen wären für die FPÖ zum jetzigen Zeitpunkt nicht attraktiv.

Es geht bei der FPÖ also nicht nur um die Führungspositionen, sondern auch um Inhalte. Schließlich konnte die FPÖ-Spitze Hans Kronberger mit seiner sachlichen Politik nicht als ihren Kandidaten gegen den Ideologen Mölzer durchbringen.

Der Politologe Fritz Plasser glaubt nicht, dass die Linie von Strache, Stadler oder Mölzer der richtige Weg für die FPÖ ist. Die Zahl der (Deutsch)-Nationalen in Österreich sei statistisch kaum mehr erfassbar und würde sich nur mehr auf die Kreise der Korporierten, der schlagenden Burschenschafter und Sängerbünde beschränken.