Strache, Vilimsky verkrafteten Fragen nach Hitler nicht. | Eklat überschattet rechte Vernetzung in Europa. | Straßburg. Der erste Besuch von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im EU-Parlament in Straßburg hatte sich am Mittwochvormittag gut angelassen. Treffen mit dem rechtsextremen Vlaams Belang aus Belgien und der rechtsnationalen Lega Nord sollten die bessere Vernetzung seiner Partei in Europa fördern. Sachlich erläuterte Strache seine Bestrebungen, die FPÖ künftig in einer Parlamentsfraktion unterbringen zu wollen - eine Voraussetzung für tatsächliche Einflussnahme auf den europäischen Gesetzgebungsprozess. Doch der als Krönung gedachte Auftritt mit Marine Le Pen, dem freundlichen Gesicht der rechtsextremen Front National aus Frankreich, geriet zum Eklat.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
ORF-Korrespondent Raimund Löw fragte die Französin, was sie davon halte, dass FPÖ-Politiker in der Debatte um die Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers in einigen österreichischen Städten nicht bei der Aberkennung derselben mitstimmen wollten. Daraufhin verlor Strache die Nerven und bezichtigte den Journalisten "wider besseren Wissens im Ausland Nestbeschmutzung Österreichs" zu betreiben. Mitglieder seiner Delegation begannen empört herumzubrüllen, darunter FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky und Johannes Hübner, europapolitischer Sprecher der Partei im Nationalrat.
Professionell agierte in dieser Situation nur Le Pen: Sie sei überrascht, wie schnell Hitler ins Spiel komme, sagte sie. "Das ist immer dann der Fall, wenn die Argumente ausgehen."
Sichtlich aufgebracht meinte Strache schließlich: "Es ist unfassbar und schäbig, hier bewusst ein falsches Bild darzustellen. Faktum ist: Zum Glück ist ein Herr Hitler seit 1945/46 in keiner österreichischen Stadt mehr Ehrenbürger." Denn durch den Tod sei die Ehrenbürgerschaft automatisch erloschen, zusätzlich hätten die Alliierten allen Kriegsverbrechern die Ehrenbürgerschaft aberkannt.
Ruhig blieb die ganze Zeit der langjährige FPÖ-Europaparlamentarier Andreas Mölzer, dem der Ausbruch seiner Parteifreunde unangenehm zu sein schien. "Die Frage war legitim. Aber sie hat unterstellt, dass die FPÖ für die Ehrenbürgerschaft Hitlers sei", meinte er nach der missglückten Veranstaltung.
Ringen mit Image
In den Hintergrund trat durch die Darbietung von Straches Delegation der eigentliche Grund ihres Besuchs. Der Fraktion "Europa der Freiheit und Demokratie" (EFD) wolle die FPÖ beitreten, erklärte der Parteichef. Die bekanntesten Mitglieder der EFD sind die Lega Nord, die UK Independence Party und die rechtspopulistische dänische Volkspartei. Noch seien aber "ein bis zwei Einzelpersonen" in der Fraktion gegen den Beitritt der Freiheitlichen. Grund sei die "gezielte Diffamierung" seiner Partei, die durch die Linke und Sozialistische Internationale geschürt werde, meinte Strache.
Tatsächlich war von der Lega Nord zu hören, dass sie sich vor allem wegen des schlechten medialen Images von der FPÖ fernhalte. Inhaltlich gebe es durchaus Übereinstimmungen.
Eine neue Fraktion mit Le Pens FN oder dem Vlaams Belang ist wegen der Parlamentsgeschäftsordnung nicht möglich. Mindestens 25 Abgeordnete aus sieben Mitgliedstaaten wären dafür nötig. Andere fraktionsfreie Abgeordnete wie die bulgarischen Brachialnationalisten von Ataka, die Großrumänische Partei und die offen rassistische British National Party seien "keine Gesprächspartner", grenzte Strache ab. Mölzer schloss eine fraktionelle Zusammenarbeit mit der rechtsradikalen Jobbik-Partei in Ungarn aus, die auch einen paramilitärischen Flügel hat.